Net-a-Porters Präsidentin Alison Loehnis im Interview: "Wir haben Luxus-Shopping revolutioniert"

Net-a-Porters Präsidentin Alison Loehnis im Interview: "Wir haben Luxus-Shopping revolutioniert"

Eine Uhr für knapp 60.000 Euro per Handy bestellen? Bei Net-a-Porter kein Thema. Seit 20 Jahren bietet die Shoppingplattform Luxusware im Internet an. Alison Loehnis, Präsidentin des Retailers, erklärt, was sich in der Zeit verändert hat und wieso Kunden ihre Mitarbeiter sogar zur Hochzeit einladen…

Interview: Charlotte Andersson

Der Preis eines Colliers von Designerin Lorraine Schwartz? Etwa eine halbe Million Euro. Die Uhr "Baignoire Allongée" von Cartier gibt es für 59.500 Euro, und eine Seidenrobe von Ralph & Russo kostet 14.700 Euro. Wer jetzt denkt, diese Luxus-Pieces bekommt man nur in ausgewählten Stores in Zürich, Dubai oder Kampen – weit gefehlt. Denn über Net-a-Porter kann man Mode im Wert einer Eigentumswohnung bequem per Mausklick bestellen.

Seit 20 Jahren ist der Online-Retailer Vorreiter in Sachen Luxusfashion. Die Art und Weise, wie die teuren Pieces geshoppt werden, hat sich im Laufe der Zeit grundlegend verändert: Man muss keine Edelboutique mehr betreten und verstohlen auf die Preisschilder linsen. Mehr als die Hälfte der Einkäufe erledigen die Kunden heute sogar übers Handy. Die Waren sind sortiert nach Preis, Farbe oder Brand. Mehr als 800 Mode- und 200 Beauty- Brands hat das Londoner Unternehmen derzeit im Angebot. Gucci! Prada! Versace! Bottega Veneta! Die Liste der Big Names ist lang. Aber auch Newcomer wie By Far, Zimmermann und Ellery buhlen geradezu darum, hier gelistet zu werden.

Im Sortiment von Net-a-Porter zu sein: Das gilt längst als Qualitätsmerkmal und ist – by the way – ein ziemlich lukrativer Deal. Derzeit zählt die Yoox Net-a-Porter Group 4,3 Millionen aktive Kunden. 2019 eröffnete der Anbieter einen digitalen Flagship-Store auf der Website des chinesischen E-Commerce-Giganten Tmall. Dass es uns beim Klick auf den New-in-Button auch weiterhin in den Fingern kribbelt, dafür ist Alison Loehnis, Präsidentin von Net-a-Porter und Mr. Porter, verantwortlich. Eine Alphafrau, die heute schon weiß, was wir morgen tragen wollen.

Hier findest du It-Pieces für den Herbst:

Wenn die schwarze Versandbox von Net-a- Porter geliefert wird…

... ist das immer wieder etwas Besonderes, oder?

Bei Bekannten beobachte ich häufig ein seliges Grinsen

Wissen Sie, da geht es mir genauso. Ich denke, wenn man in etwas Besonderes investiert, geht es immer um das gesamte Erlebnis. Vom Kunden- service über den eigentlichen Kauf oder den Moment, in dem einer unserer Wagen in Ihre Straße biegt und unsere Mitarbeiter Ihnen die Schachtel an der Tür überreichen. (Anm. d. Red.: In London gibt es einen Service, bei dem der Kunde seine Lieferung von einem persönlichen Boten direkt an die Tür geliefert bekommt.) Die schwarze Schachtel ist so etwas wie unsere DNA und der erste physische Berührungspunkt mit unseren Kunden.

Sollte man der Umwelt zuliebe nicht auf unnötige Verpackung verzichten?

Man kann die Box ja immer wiederverwenden. Außerdem sind die Materialien kunststofffrei und vollständig recycelbar. Kürzlich haben wir sogar unsere Luftpolsterfolien auf kompostierbare Beutel aus biobasierten Materialien wie Mais und Zuckerrohr umgestellt.

Würden Sie sagen, dass Net-a-Porter das Einkaufsverhalten generell verändert hat?

Es hat die Art, wie wir Luxusmode shoppen, sogar revolutioniert. Anfangs glaubten viele, es gehört zum Luxuserlebnis dazu, dass man ein Geschäft betritt. Unser Ziel war es, dass Online-Shopping nicht nur zu einer bequemen Option, sondern zu einem wahren Vergnügen wird.

Worin liegen Ihrer Meinung nach weitere Vorteile des Online-Shoppings?

Zunächst einmal denke ich nicht, dass sich Online-Shops und der Einzelhandel ausschließen. Aber stellen Sie sich vor, Sie kaufen ein neues Kleid und probieren es vor Ihrem Spiegel zu Hause an. Da bekommen Sie ein viel besseres Gefühl, ob es zu Ihnen passt. Hinzu kommt, dass unser Geschäft rund um die Uhr geöffnet ist.

Alison Loehnis, Präsidentin von Net-a-Porter und Mr. Porter ©PR

Haben wir dadurch nicht auch einen ganz anderen Zugang zu Luxusfashion?

Ich denke, dass die Luxusmodeindustrie bisher eine Art Mystik verbreitete. Dank der Digitalisierung ist sie heute sehr viel zugänglicher. Das liegt vor allem an den sozialen Medien. Auf Instagram ist Luxusmode heute allgegenwärtig.

Ist das gut oder schlecht?

Ich finde das fantastisch. Selbst wenn Sie kein Kunde von Luxusmode sind, sitzen Sie dank Live-Übertragungen praktisch immer in den ersten Reihen der Modenschauen. Häufig bekommt man sogar einen Blick hinter die Kulissen. Das war in der Vergangenheit nur wenigen und sehr privilegierten Kunden vorbehalten.

Woher wissen Sie, was Ihre Kunden in der Zukunft wollen?

Nun, die Yoox Net-a-Porter Group hat 4,3 Millionen Kunden und jährlich rund eine Milliarde Besuche auf der Seite. Hinzu kommen Aktivitäten in 180 verschiedenen Ländern. Das hilft uns, einen Einblick in die Vorlieben der Menschen zu bekommen – überall auf der Welt. Zudem haben wir lokale Teams, die exzellente Kenntnisse ihrer Regionen haben. Im Hinblick auf Fashion-Trends, neue Technologien und Einkaufsgewohnheiten.

Die unterscheiden sich also von Land zu Land?

Sicher, so globalisiert unsere Welt auch sein mag, in China kauft man anders ein als in Indien oder Großbritannien. Unsere englischen Kunden bevorzugten beispielsweise in der letzten Zeit Unterwäsche und Loungewear, ähnlich war es in Frankreich. Während die Deutschen vor allem Strick, Tops und Blusen kauften. Wir lernen von unseren Kunden.

Wie wichtig ist das heute?

Wichtiger denn je. Unsere Personal Shopper sprechen täglich mit der Kundschaft. Über die Jahre entsteht da eine ziemlich enge Bindung. Oftmals bekommt unser Team sogar Einladungen zu Hochzeiten oder Bar Mitzwas.

Net-a-Porter ist auch so etwas wie eine Karriereplattform für neue Designer – wo und wie finden Sie die Talente?

Die Suche nach aufstrebenden Talenten ist einer der aufregendsten Teile unserer Arbeit. An der Spitze steht unser wunderbares Buying-Team. Das findet Talente aus allen Ecken der Welt. Ob Mailand, Tiflis, Paris oder Seoul. Auch hier spielt Instagram eine wichtige Rolle. Denn häufig werden wir zuerst auf die Accounts der Marken aufmerksam. Es ist ein unbezahlbares Tool. Für uns, aber auch für die Brands. Die können ihre Reichweite vergrößern und ihre Visionen und Werte klar kommunizieren. Oft reicht aber schon eine flüchtige Empfehlung, um unser Interesse zu wecken.

Die dürften Sie wohl am laufenden Band bekommen. Verraten Sie uns noch, welche Teile Sie selbst zuletzt geshoppt haben?

Einen Jeans-Midirock von Miu Miu, eine maßgeschneiderte Jacke von Gabriela Hearst, ein Sommerkleid von Ulla Johnson und die perfekte Jeans der Denim-Brand Mother.

Sie haben einen absoluten Traumjob, oder?

Für mich ist er das. Die perfekte Kombination aus Business und Kreativität mit unglaublicher Mode, einer Riesenportion Herz und einer niedlichen Verpackung.

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