
Ein zarter Hauch von Vanille und dunklem Kakao umhüllt die elegante Suite des Hotels Vier Jahreszeiten in Hamburg. Hier im Hotelzimmer, wo sich auf dem gläsernen Sofatisch bereits ein Flakon an den nächsten reiht, treffe ich Mona Kattan, die Gründerin der Duftmarke Kayali, zum Interview. Sie launcht heute ihre zwei Neuheiten "Oudgasm Chocolate Oud" und "Oudgasm Milky Musk Oud". Beim Betreten der Suite empfängt mich ein strahlendes Lächeln und offene Arme. Wie sich später herausstellt, handelt es sich bei unserem Treffen weniger um ein klassisches Interview, sondern viel mehr um eine wortwörtliche Schnupperstunde, in der mich Mona mit ihrer Leidenschaft für Düfte ansteckt.
Flakons gefüllt mit Emotionen
Während viele Menschen davon sprechen, ihren "Signature Scent" gefunden zu haben, winkt Mona lächelnd ab. „Warum sich auf einen einzigen Duft beschränken?“, fragt sie, während sie den ersten Duft vorsichtig auf meinen Handrücken sprüht. Für sie ist Parfum kein starres Label, sondern ein Ausdruck von Persönlichkeit. Sie selbst trägt seit Jahren keine fertigen Düfte mehr – sondern ihre eigenen Labormuster. „Ich teste jeden Tag, fast jede Stunde“, erzählt sie. „Ein Duft ist für mich nie fertig, ich will ihn immer weiter perfektionieren.“ Und wenn sie nicht gerade eins ihrer eigenen Samples trägt, wie am Tag unseres Treffens, dann passt sie den Duft ihrer Gemütslage an. Klingt eigentlich logisch! Man selbst wählt schließlich sein Outfit auch je nach Stimmung oder Anlass. Warum nicht ebenfalls den Duft danach aussuchen, ob man sich an dem Tag sexy, happy oder energetisch fühlen möchte?
Revolution im konservativen Parfum-Business
Als Mona 2018 Kayali gründete, tat sie etwas, das damals fast als Regelbruch galt: Sie machte Layering – das Übereinandertragen mehrerer Parfums – zum Kern ihrer Marke. „Viele haben uns kritisiert und gesagt, man solle Düfte nicht mischen“, erinnert sie sich. „Aber in Dubai ist es ein Ritual. Erst Parfum-Öl, dann Parfum, dann noch Haarspray – ein ganzer Layering-Prozess. Das hat mich inspiriert.“ Heute gilt Kayali als Pionierin dieser Kunst. Ihre Discovery-Sets, mit denen man sich durch die Kollektion schnuppern und eigene Kombinationen kreieren kann, gehören zu ihren Bestsellern.
„Jeder Mensch sollte seinen ganz eigenen Duft tragen“, erklärt sie. „Wenn du mehrere Parfums kombinierst, sinkt die Chance, dass jemand anderes genau so riecht wie du.“ Sie vergleicht es mit Kochen und dem Spiel verschiedener Aromen, die ein Gericht erst spannend machen. In ihren Augen gibt es keine Regeln – erlaubt ist, was gefällt.
Wenn man zwei Düfte mag, passen sie auch zusammen. Und wenn andere fragen, was du trägst, kannst du lächeln und sagen: Das ist mein Geheimnis.
Wie duftet das Morgen?
Natürlich sprechen wir auch über die Zukunft. Auf welche Trends dürfen wir uns freuen? Mona ist überzeugt: Dessert-inspirierte Düfte werden uns noch lange begleiten. „Pistachio Gelato, Yum Boujee Marshmallow 81 – solche Kompositionen sind für viele greifbar. Jeder weiß, wie das schmeckt und sofort auch, wie es riechen könnte.“ Gleichzeitig glaubt sie, dass klassische Düfte, die aktuell aufgrund der "Gourmand-Parfums" in den Hintergrund geraten sind, ein Comeback erleben werden. „Alles kommt in Wellen zurück. Wenn etwas übersättigt ist, wächst das Bedürfnis nach dem Gegenteil.“
Mittlerweile sind wir an meinem Ellbogen angelangt, weil mein ganzer Unterarm bereits mit verschiedenen Düften zum Testen vorsichtig besprüht wurde. Von "Capri in a Bottle" über "Eden Sparkling Lychee" bis hin zu "Fleur Majesty Rose Royale 31" – das Repertoire an Kayali-Parfums mit den unterschiedlichsten Duftnoten scheint endlos. Doch bei all ihrer Begeisterung gibt es auch Grenzen. „Aldehyde kann ich einfach nicht ausstehen“, gesteht sie lachend. „Für mich riecht es wie ein Schwimmbad.“ Dennoch zwingt sie sich, mit ungeliebten Noten zu experimentieren. „Ich habe früher auch Veilchen gehasst – heute liebe ich sie. Es ist wie eine kreative Herausforderung, mit Aromen zu arbeiten, die mich challengen.“
Umhüllt von Perfektion
Mein Blick fällt auf die Reihe verschiedener Flakons. Erst jetzt bemerke ich, dass hinter jedem Namen eine Zahl steht. Wie mir Mona erzählt, haben diese eine besondere Bedeutung: Die Nummer gibt an, wie viele Versuche es gebraucht hat, bis die endgültige Komposition stand. „Manchmal sind es nur wenige, manchmal über zweitausend“, scherzt Mona. „Bougie Marshmallow war zum Beispiel die 81. Version – ein Albtraum, aber im besten Sinne.“ Die Zahl ist für sie ein ehrliches Bekenntnis zur obsessiven Detailarbeit. Übrigens gibt es auch einen Duft, der schon nach dem ersten Versuch stand: "Eden Juicy Apple 01". Trotzdem bedeutet es nicht, dass die Komposition nicht perfekt ausgeklügelt wurde. Es kommt auch vor, dass aus einem der Versuchsmuster ein weiterer Duft entwickelt wurde, der es auf den Markt geschafft hat.
Am Ende unseres Gesprächs wird klar, was Mona Kattan antreibt: nicht Trends, nicht Verkaufszahlen, sondern Emotionen. „Wenn mir jemand sagt, dass er sich mit einem unserer Düfte sexy, glücklich oder entspannt fühlt – das ist mein größter Antrieb.“ Und während der letzte Sprühnebel von Vanille, Zitrus und Rose in der Luft hängt, wird spürbar: Für Mona sind Düfte nicht nur Produkte. Sie sind Gefühle sowie Erinnerungen – und eine Leidenschaft, die ansteckend ist.