Nachdem im 19. Jahrhundert und zu Beginn des 20. Jahrhunderts die Damenmode von einer eingezwängten Sanduhr-Silhouette geprägt wurde, fand in den 1920ern eine Revolution in der Fashion-Welt statt. Es ging weg von den typischen Dresscodes, die den Frauen kaum Bewegungsfreiheit boten und ihre Figuren versteckten, und hin zu einer freieren Mode, die ein neues Lebensgefühl verkörperte. Von Hosenanzügen inklusive Hosenträger über kurze, lockere Kleider bis hin zu extravaganten Accessoires – die mutigen Trends der 1920er und die größten Stilikonen dieser Dekade stellen wir hier vor.
Mode in den 20ern: Mehr als nur Kleidung
Die 1920er haben unsere heutige Mode wie kaum ein Jahrzehnt davor geprägt. Nach dem Ersten Weltkrieg fand ein modischer Wandel statt, den es bis dato noch nicht gab. Waren in den Jahrzehnten und Jahrhunderten davor Frauenkörper in enge Korsetts, Krinolinen und Co. eingesperrt, erhielten die Damen in den "Roaring Twenties" eine neue Freiheit – lockere, kurze Passformen und legere Styles lösten die eingeschnürte S-Silhouette der 1910er Jahre ab. Wie so oft war diese Entwicklung allerdings nicht nur einfach ein modischer Trend, sondern spiegelte die Entwicklung der Gesellschaft wider.
In den 1920er Jahren entwickelten die Frauen das Bedürfnis nach Emanzipation und Gleichberechtigung und setzten sich für dieses Ziel auch ein. Sie wollten raus aus dem häuslichen Raum und dem Einfluss ihrer Männer und strebten nach mehr Rechten und Selbstbestimmtheit (z. B. Wählen oder Auto fahren). Diese Form der neuen Weiblichkeit – von der Dame zur modernen Frau – wurde schließlich auch über die Mode ausgelebt, indem sich das weibliche Geschlecht von den "Käfigen" der Mode befreite.
"Es ist die Zeit für kurze Röcke, freien Hals, lose Taille und Bubikopf." – Marianne Pollak, Redakteurin der "Arbeiterzeitung" 1926
Die größten Trends der 1920er
Die Mode in den 1920er war so vielfältig wie nie zuvor, denn erstmals waren parallel unterschiedliche Silhouetten und Styles angesagt. Die wichtigsten Trends der Goldenen Zwanziger haben wir euch hier aufgelistet:
Charleston oder Flapper Dress:
Wenn es ein Kleidungsstück gibt, welches die 1920er wie kaum etwas anderes verkörpert, dann sind es die Charleston Kleider. In der Dekade Anfang des 20. Jahrhunderts gehörte der Charleston zu den beliebtesten Tänzen und die Flapper Girls trugen passend dazu das gleichnamige Dress, welches sich durch seine revolutionäre Länge, die auf Höhe des Knies endete, sowie die gerade, etwas lockere Passform auszeichnete. Pailletten und Fransen sorgten schließlich für die Extraportion Glamour.
Glockenhüte:
Accessoires durften während der 1920er natürlich auch nicht fehlen und besonders großer Beliebtheit erfreuten sich Glockenhüte – Modelle aus Filz, die sehr schmal designt sind und deren Krempe flach nach unten geneigt ist, sodass sich auf Höhe der Augenbrauen endet. Diese Modelle passten hervorragend zur damaligen Trendfrisur: dem Bubikopf.
Handschuhe:
Für den perfekten Look zum Charleston Dress gehörten neben dem Glockenhut auch Handschuhe. Feine Modelle aus Seide, Satin oder Samt, die bis zur Mitte des Oberarms reichten und oftmals in Schwarz daherkamen, gehörten bei Abendveranstaltungen zum guten Ton und rundeten jedes Outfit auf elegante Weise ab.
Marlenehose/Hosenanzüge:
Bis zu den 1920ern waren Hosen für Frauen tabu! Doch mit der neu gewonnenen modischen Freiheit nach dem Ersten Weltkrieg und dem Mut einiger Vorreiterinnen – insbesondere Schauspielerin Marlene Dietrich – etablierten sich auch weite Hosen, sogenannte Marlenehosen, sowie Hosenanzüge in der Damenmode. Wobei diesen Trend eher Schauspielerinnen mitgemacht haben als Frauen der "normalen" Gesellschaft.
Stirnbänder:
In Sachen Kopfbedeckung bestimmte nicht nur der Glockenhut die Trends, sondern auch Stirnbänder wurden von den Frauen in den 20er Jahren rauf und runter getragen, um ihren kurzen Bubikopf in Szene zu setzen. Beliebte Modelle waren mit Perlen, Strasssteinen, Federn oder Blumen verziert und verliehen dem Look eine Extraportion Extravaganz.

Mary Janes:
Ob Abendkleid oder Kostüm – Schuhe, die in den "Roaring Twenties" sämtliche Füße der Flapper Girls zierten, waren neben Oxford-Schnürern vor allem Mary Janes. Die Treter, die auch heute noch zu absoluten Klassikern zählen, kamen zur damaligen Zeit aus Samt oder Satin sowie aus Schlangen- oder Krokodilleder daher. Kleine Absätze, silberne oder goldene Elemente sowie Perlen, Strass und Co. verliehen den Modellen schließlich noch den finalen Gatsby-Touch.
Perlenketten:
In einer Dekade voller Dekadenz und Prunk darf natürlich auch Schmuck nicht fehlen und in den 20ern griffen die Frauen auf Perlenketten zurück. Mehrere Längen layerten die Flapper Girls und rundeten somit nicht nur ihre Charleston Kleider ab, sondern auch alltägliche Cardigan-Kostüme.
Pailletten:
Genauso wie Perlen gehörten in den 1920er Jahren auch Pailletten zu den wichtigsten Trends. Dekadenz à la der große Gatsby war genau das, wonach es der Gesellschaft nach dem Krieg dürstete und was strahlt diese Lebenseinstellung besser aus als funkelnde Pailletten.
Cardigans:
Die 1920er Jahre gehen als Geburtsstunde der Cardigans ein. Coco Chanel brachte mit ihren legeren Jersey-Kostümen mehr Lockerheit in die bis dato steife Damenmode. Damit rückte die sonst eingeschnürte Taille aus dem Fokus und wurde von bequemen Passformen versteckt, um den damals angesagten knabenhaften Figurtyp zu inszenieren.
20er Jahre Mode: Die größten Stilikonen
Natürlich kommen viele Trends nicht von ungefähr. Auch in den 20er Jahren gab es bereits modische "Influencer:innen", die als Stilvorbilder für die Gesellschaft dienten. Ob Schauspielerinnen, Mannequins, Tänzerinnen oder Sängerinnen – die 5 größten modischen Ikonen stellen wir euch hier vor:
Marlene Dietrich:
Wenn wir an die "Roaring Twenties" denken, dann haben wir auch direkt ein Bild von Marlene Dietrich vor unserem inneren Auge. Die Schauspielerin gehörte in dieser Dekade zu den mutigsten Modeikonen, denn sie wagte einen Stil, der nicht der gängigen Norm von Frauenkleidung entsprach. Sie machte Hosenanzüge inklusive weißer Hemden, Hosenträger, Einstecktuch und Zigarettenspitze zu ihrem Markenzeichen. Zur damaligen Zeit war das noch ein modisches Wagnis, denn Hosen waren Teil der Männerkleidung, aber nicht der Frauenmode. Damit legte Marlene Dietrich den Grundstein für die heutige Selbstverständlichkeit von Hosen in der Damenmode.
Coco Chanel:
Die meisten verbinden Designerin Coco Chanel eher mit den späten 1950er und -60er Jahren – die Geburtsstunde ihrer ikonischen Tweed-Kostüme. Doch bereits in den 1920ern hat die Modeschöpferin die Branche revolutioniert. Bis dato war die Frauenmode sehr steif, doch mit ihren ersten Entwürfen brachte Coco Chanel Funktionalismus in die Damenmode. Inspiriert von Sportkleidung und der Herrenmode entwickelte sie für damalige Zeiten lässige Ensembles, Zweiteiler aus Jersey mit Röcken, Pullovern, Cardigans und Kleidern, die sie selber trug und damit zur Stilikone avancierte.
"Ich mache keine Mode, ich bin die Mode." – Coco Chanel

Clara Gordon Bow:
Charleston Kleider, Fransen, Pailletten ... Alles modische Elemente, die sich die Flapper Girls der Goldenen Zwanziger zunutze gemacht haben. Und eine lebte den Flapper Lifestyle wie kaum eine andere. Die Rede ist von Clara Gordon Bow. Die Schauspielerin, die für das Filmstudio Paramount drehte, gehörte zu den It-Girls des Jahrzehnts und prägte so die modischen Trends. Der Bubikopf inklusive Stirnband sowie Charleston Kleider, Satin und Pailletten gehörten zu ihren liebsten Elementen der Mode der "Roaring Twenties".
Josephine Baker:
Tänzerin, Sängerin und Schauspielerin: Josephine Baker war ein Multitalent und ihr Einfluss auf die Mode der 1920er unverkennbar. Mit ihren kunstvollen Tanzkostümen – sowohl sehr feminine Dresses mit Pailletten, Federn und Co. als auch von der Männermode inspirierte Smokings – war sie eine Verkörperung des Flapper Girls par excellence. Aufgrund ihres Muts, ihres Styles und Talents wurde sie auch nicht umsonst zum ersten afroamerikanischen Filmstar.
Greta Garbo:
Eine Legende unter den Schauspielerinnen des 20. Jahrhunderts ist ganz klar Greta Garbo. Die schwedisch-US-amerikanische Filmschauspielerin verkörpert das alte Hollywood und prägte die Trends der Goldenen Zwanziger. Von einem Bubikopf über Glockenhüte und Stirnbänder bis hin zu kunstvollen Abendroben mit Pailletten, Federn und Strass: Frauen und Männer bewunderten sie gleichermaßen für ihre mysteriöse und zeitlose Schönheit sowie ihren extravaganten und gleichzeitig eleganten Stil.