Frauen gründen – hält der Trend noch immer an?

Der Gründungsanteil von Frauen liegt derzeit bei rund 42 Prozent. Das ist etwas mehr als noch vor ein paar Jahren. Da waren es durchschnittlich 39 Prozent. Da stellt sich natürlich die Frage, woran das liegt. Sind Frauen schlechtere Gründer?

Frau im Café am Laptop© Photo by Jenny Ueberberg on Unsplash
Schritt für Schritt kannst du so an deinem Mindset arbeiten.

Umfragen zufolge liegt das Problem nicht in den Frauen. Es ist einfach immer noch so, dass es für Frauen schwieriger ist als für Männer, ein eigenes Geschäft aufzubauen. Wichtig ist dabei allerdings auch: Frauen gründen eben nicht so wie Männer. Sie gründen meistens alleine und tun es oft im Nebenerwerb und aus der Not heraus. Sie gründen mehrheitlich Einzelunternehmungen mit einem Anteil von 88 Prozent. Männer hingegen starten häufiger mit einer GmbH, mit einem Anteil von 44 Prozent. Frauen setzen sich mehr mit dem Thema auseinander, informieren sich über betriebswirtschaftliche Fragen. Sie tun das allerdings nicht aus Mangel an Wissen, sondern um das Risiko besser einschätzen und minimieren und letztlich das Business besser planen zu können. Große Wissenslücken in den Bereichen Betriebswirtschaft und Finanzwesen hat nur jede fünfte Gründerin. Die Frauen wollen wissen, was sie tun. Während die Männer sich häufiger kopfüber und mit hohem Risiko in eine Unternehmensgründung stürzen und dann auch häufiger scheitern.

Für Frauen ist es immer noch schwieriger

Die Soloselbstständigkeit ist häufig darauf zurückzuführen, dass wichtige Ressourcen und ein gutes Netzwerk fehlen. Aber gerade in der frühen Phase der Unternehmensgründung sind diese beiden Faktoren essenziell. Frauen haben durch das fehlende Netzwerk oft Schwierigkeiten, an die notwendigen finanziellen Mittel heranzukommen. Sie starten meist mit privaten Ressourcen oder fragen in der Familie oder bei Freunden nach einem privaten Darlehen.

sum up © Sum up
Frauen wagen seltener den Schritt in die Selbstständigkeit als Männer.

Die Vorsicht und die gute Vorbereitung der Frauen werden dann aber oft mit einer positiven Geschäftsentwicklung belohnt. Gründerinnen haben meist nachhaltigere und langlebigere Unternehmen.

Frauen umgeben sich gerne mit anderen Frauen

Das Geschlecht der Geschäftsführung wirkt sich auf die Teamzusammensetzung aus, so eines der Ergebnisse einer SumUp-Umfrage. Das Team einer weiblichen Geschäftsführung setzt sich mehrheitlich aus Frauen zusammen. Die Quote erreicht 75 bis 100 Prozent. Bei einer männlichen Geschäftsführung bestehen die Teams nur zu etwa 20 Prozent aus Frauen. Das zeigt, dass Frauen andere Frauen unterstützen. Das ist bei vielen auch in der direkten Umgebung so. Sie erfahren Unterstützung eher von der Mutter, der Großmutter, einer Tante oder den Freundinnen.

Dennoch sind deutsche Unternehmerinnen im europäischen Vergleich Vorreiterinnen. Nur knapp 40 Prozent der weiblich geführten Unternehmen in Italien haben vergleichbar starke weibliche Teams. In Frankreich liegt die Quote bei knapp 60 Prozent. Nur Großbritannien hat mit knapp 70 Prozent einen ähnlich hohen Anteil wie in Deutschland.

Ist der Inhaber ein Mann, ergibt sich ein ganz anderes Bild. Lediglich zwischen null und 25 Prozent des Personals ist dann weiblich. Mehrheitlich mit Frauen arbeiten noch nicht einmal 20 Prozent der männlichen Geschäftsführer. Im europäischen Vergleich zeigen sich hier noch schlechtere Zahlen. In Großbritannien haben nur etwa 5,5 Prozent der männlichen Geschäftsführer ein mehrheitlich weibliches Team. In Frankreich sind es 7,8 Prozent und in Italien 8,9 Prozent.

Was motiviert Frauen zur Selbstständigkeit?

Der Hauptgrund, der auf fast die Hälfte der Gründerinnen zutrifft, ist das Streben nach mehr Selbstbestimmung. Die Frauen wollen ihr eigener Chef sein. Weitere 20 Prozent streben nach kreativer Freiheit. Bei den Männern ist der wichtigste Grund ebenfalls, dass sie ihr eigener Chef sein wollen. Die Kreativität wollen nur etwa zehn Prozent der Männer in der Selbstständigkeit ausleben. Bei rund 10 Prozent der Frauen und bei 14 Prozent der Männer ist es eine originelle Geschäftsidee, die die Gründung antreibt.

Frauen streben mit ihrem eigenen Geschäft nach einem eigenen Einkommen und wollen damit ihre finanzielle Unabhängigkeit sichern. Ebenfalls wichtig ist den Gründerinnen die Work-Life-Balance. Fast die Hälfte von ihnen ist überzeugt, dass es mit dem eigenen Unternehmen einfacher ist, Beruf und Familie zu vereinbaren. Bei den Männern spielt das nur für jeden dritten eine entscheidende Rolle.

Bürokratie nervt Frauen weniger als Männer

Die Bürokratie, die bei der Unternehmensgründung und -führung unvermeidbar ist, stört rund zwei Drittel der Frauen und sogar drei Viertel der Männer. Aber nicht nur die Bürokratie ist ein Punkt, der vielen Gründerinnen Probleme bereitet. Auch der Fachkräftemangel macht sich bemerkbar. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Gründerperson männlich oder weiblich ist. Mehr als 40 Prozent der Umfrageteilnehmer bei SumUp sagen, sie haben Schwierigkeiten, qualifiziertes Personal für ihre Unternehmung zu finden. 15 Prozent der teilnehmenden Frauen hat zudem Angst davor zu scheitern und Probleme damit, die notwendigen finanziellen Mittel zu beschaffen.

Warum sind Frauen immer noch unterrepräsentiert?

Dass Frauen noch immer unterrepräsentiert sind als Gründerinnen und Geschäftsführerinnen liegt in erster Linie daran, dass es Frauen einfach schwerer haben. Es ist kompliziert, in Deutschland ein eigenes Unternehmen auf die Beine zu stellen. Das fängt bei den bürokratischen Hürden und den teilweise unübersichtlichen Gesetzesvorgaben an. Hinzu kommen finanzielle Ressourcen als Gründungsbarriere. Frauen haben in der Regel weniger Eigenmittel oder sie wollen nicht so viel Geld investieren. Für sie ist es meist schwieriger, einen Bankkredit zu bekommen oder Investoren zu überzeugen. Viele Kreditprogramme sind zudem mit viel zu hohen Summen ausgestattet, die die Frauen gar nicht wollen. Ein weiterer zu berücksichtigender Faktor bei Frauen ist zudem die Möglichkeit, schwanger zu werden.

Gründungen sind harte Arbeit, die umso einfacher geht, wenn sie sich auf mehrere Schultern verteilt oder wenn ein Netzwerk vorhanden ist, in dem ein reger Austausch zu den wichtigen Themen stattfindet. Frauen verfügen oft nicht über solche Netzwerke oder Männer dominieren die Netzwerke, was viele nach wie vor davon abhält, selbst zu gründen.

Ein weiterer Grund, warum Frauen den Schritt in die Selbstständigkeit zunächst „nur“ im Nebenerwerb wagen, liegt darin, dass sie einen Großteil der Care-Arbeit übernehmen. Viele Gründerinnen können sich gar nicht zu 100 Prozent auf das neue Projekt konzentrieren, weil sie sich in unserer Gesellschaft zumeist immer noch vorrangig um die Familie kümmern und Haushalt, Familie und Beruf ausbalancieren müssen. Männer hingegen können oft eher den größten Teil ihrer Aufmerksamkeit dem neuen Unternehmen widmen, weil die Partnerin sie unterstützt, ihnen den Rücken freihält und sich um die Familie und das ganze Drumherum kümmert. Frauen sind nicht die schlechteren Gründer, sie haben aktuell nur – immer noch – die schlechteren Startbedingungen.