Wenn Schönheit zum Verbrechen wird

Der Drang nach Perfektion und Schönheit liegt einfach in unserer Natur. Doch im zukünftigen Zeitalter könnte genau dieses Streben eine erhebliche Gefahr darstellen – so lautet zumindest die zentrale Botschaft des neuen Romans "Wenn Schönheit zum Verbrechen wird". Das Buch wurde am 12. Mai im exklusiven Chinaclub in Berlin von Cathy Hummels und Carina Zavline vorgestellt – und am gleichen Tag war es fast ausverkauft, so dass der Verlag nachdrucken lassen musste.

Frau schaut in den Spiegel© Freepik
Wenn äußere Schönheit zum Nachteil wird – eine Gesellschaft im Spannungsfeld zwischen Perfektion, Neid und Gleichmachung.

Schönheit ist einer der besten Booster für die eigene Karriere – neben fachlicher Kompetenz und einem empathischen Auftreten. Schöne Menschen bekommen mehr Gehalt. Chefinnen und Chefs, Teammitglieder, Kunden oder andere Business-Partner vertrauen ihnen, sie erhalten bessere Beurteilungen, und ihnen wird seltener gekündigt. Klingt zu schön, um wahr zu sein? Ist aber harte betriebswirtschaftliche Praxis auch in deutschen Unternehmen. Bereits Anfang der Neunzigerjahre wurde dies von den beiden US-amerikanischen Ökonomen Daniel Hamermesh und Jeff Biddle nachgewiesen. Die zwei Wissenschaftler veröffentlichten 1993 eine Studie, aus der hervorging, dass schöne Angestellte bis zu zehn Prozent mehr verdienten als die weniger attraktiven.

Heute, mehr als 30 Jahre nach der Veröffentlichung der Studie von Hamermesh und Biddle, spielt Schönheit eine noch viel größere Rolle. Selbstoptimierung, Körperkult und Beauty-Eingriffe sind ein allgegenwärtiger Bestandteil unserer Kultur und Gesellschaft geworden. Doch es gibt auch eine dunkle Seit der Schönheit: Neid. Auch das haben viele schöne Frauen schon erlebt: Dass sie von anderen beneidet oder unterschätzt werden. So gibt es – das durch nichts belegte – Vorurteil, gut aussehende Frauen seien möglicherweise weniger intelligent.

Welche langfristigen Folgen Neid und solche Stereotypen haben können, das beschreibt Rainer Zitelmann in seinem neuen Roman "2075. Wenn Schönheit zum Verbrechen wird".

Buchvorstellung in Berlin© Dr. Dr. Rainer Zitelmann
Am 12. Mai wurde das neue Buch im exklusiven Chinaclub in Berlin der weiblichen Zielgruppe vorgestellt.

In diesem futuristischen Werk beleuchtet der Historiker, Soziologe und Bestsellerautor den Kampf um Schönheit und Gleichheit. Im Jahr 2075 findet der Kampf für Gleichheit ein neues Ziel: Die radikale Bewegung "Movement for Optical Justice" (MOVE) richtet sich gegen die ungleiche Verteilung von Schönheit. Attraktive Frauen genießen ihrer Ansicht nach unverdiente Vorteile im Berufs- und Privatleben, was zur Forderung führt: "Schönheit ist ungerecht." Diese Meinung ist keineswegs die einer kleinen Gruppe von Außenseitern; die Bewegung gewinnt zunehmend Einfluss und erlangt schließlich die Macht. Schritt für Schritt verwandelt sich die Demokratie in eine Gleichheitsdiktatur.

Es beginnt mit höheren Steuern und beruflichen Nachteilen für schöne Menschen. Schließlich setzt sich der radikale Flügel der Bewegung durch: "über-schöne" Frauen, bezeichnet als PB ("Privileged Beauty"), müssen sich einer chirurgischen "Optical Optimization Therapy" unterziehen, die sie weniger attraktiv macht. Gleich un-schön – könnte dies unsere Zukunft sein?

Zitelmann schildert individuelle Dramen, Verzweiflung und entschiedenen Widerstand. Die schöne Studentin Alexa und der Journalist Riven kämpfen gegen die Etablierung der Diktatur. Das Buch ist eine spannende und aktuelle Abrechnung mit dem Gleichheitswahn, in der Tradition von Romanen wie "1984" und "Brave New World". Gleichzeitig ist es ein nervenaufreibender, sehr persönlicher Thriller über Neid, die dunkle Seite der Schönheit und die Gefahren einer Gesellschaft, die Ungleichheit als Verbrechen betrachtet, wie dieser Auszug zeigt:

"In Firmen hatten es schöne Frauen in diesen Monaten immer schwerer – und nicht nur sie, auch die Freunde oder Ehemänner schöner Frauen. Auch für Daxon wurde das zu einem Problem. Der Partner seines Immobilienunternehmens hatte ihn zur Seite genommen und gemeint: "Daxon, du weißt ja, ich mag Alexa. Aber du weißt auch, wie die Stimmung im Moment ist. Also, es muss ja nicht sein, dass ihr die Leute von unserer MOVE-Betriebsgruppe und das Betriebskomitee provoziert, wenn ihr euch zusammen in der Öffentlichkeit zeigt. Jedenfalls sollte sie zu unserem Jahresempfang nicht mitkommen."

Daxon war perplex: "Das kann nicht dein Ernst sein. Wie soll ich das Alexa sagen? Ich meine, sie hat sowieso keine besondere Lust auf diese Jahresempfänge, weil sie die als langweilig empfindet und die ganze Zeit nur über Immobilien gesprochen wird. Aber ich wollte immer, dass sie mitkommt, und jetzt soll ich ihr sagen, bleib diesmal zu Hause?"

"Denk dir irgendwas aus, Daxon, jedenfalls sollte sie nicht dabei sein. Das Betriebskomitee für optische Gerechtigkeit hat die Losung ausgegeben: 'Keine PB auf dem Empfang'. Ich finde das auch bescheuert. Aber die sagen, das passt einfach nicht mehr in die Zeit."

"Das?", fragte Daxon. "Du meinst: die. Die Alexa und alle Frauen, die so aussehen wie die, die wir schon an der High School angehimmelt haben? Diese Nichtsnutze vom Betriebskomitee für optische Gerechtigkeit haben wohl nichts Besseres zu tun. Die nerven mich sowieso schon die ganze Zeit. Wäre es nicht verboten, hätte ich die längst rausgeschmissen. Wir bezahlen diese Labertypen und Gerechtigkeitsfanatiker, damit sie uns das Leben schwer machen!"

Mehr zum Roman: https://schoenheit-2075.de/