Arktis: So cool ist eine Safari bei den Eisbären am anderen Ende der Welt

Arktis: So cool ist eine Safari bei den Eisbären am anderen Ende der Welt

Schon als kleines Mädchen träumte unsere Kollegin Deborah Landshut davon, Eisbären in der Wildnis zu sehen. Jetzt ging der Wunsch mit einer Expedition in die kanadische Tundra in Erfüllung: Am anderen Ende der Welt erlebte sie unfassbar schöne Natur, aber auch ihre Bedrohung hautnah…

Text: Deborah Landshut

"Was? Sie kommen nach Kanada, um Eisbären zu sehen? Das ist, als würde ich Ihnen erzählen, ich will mir in Deutschland gerne die Giraffen anschauen", pampt mich der skeptische Beamte bei der Passkontrolle am Flughafen in Toronto an. Erst denke ich, er macht einen schlechten Scherz. Aber nein: tatsächlich wissen viele Kanadier nicht, dass zwei Drittel aller Eisbären weltweit hier leben und in Churchill in der Provinz Manitoba etwa 800 der weißen Riesen durch die Tundra streifen. Genausoviele, wie die Mini-Stadt, in der noch Einheimische wie Inuit oder Cree leben, Einwohner hat. Und nach vier Flügen über Toronto und Winnipeg ans Ende der Welt bin ich auch endlich hier: in einem Dorf mit einer Hauptstraße, drei Restaurants und einem Supermarkt, in dem die Tüte Chips zehn Dollar kostet. Eben, weil Churchill so schlecht zu erreichen ist.

Die Stille im Niemandsland ist beeindruckend. Man kann gar nicht anders, als völlig zur Ruhe zu kommen. Wenn man Glück hat, huscht mal ein Rotfuchs vorbei. Hat man Pech, verirrt sich ein Eisbär aus der nahegelegenen Tundra ins Dorf. Daher werden Gruppen in Churchill von einem bewaffneten Bärenwächter begleitet, der nur im äußersten Notfall zur Waffe greift. Generell wird man dazu angehalten, mindestens zu zweit auf die Straßen zu gehen. Und: alle Autos bleiben unverschlossen, damit man bei akuter Bärengefahr schnell Zuflucht findet! Böse Bären kommen übrigens ins Gefängnis. Zumindest bis zu 30 Tage, bevor sie zurück in die Tundra ausgesetzt werden. Das "Eisbärengefängnis" in Churchill ist weltbekannt, sogar die US-Promiköchin Martha Stewart hat sich hier schon reingeschlichen!

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Polar Bears International und Canada Goose: Zusammen für den Schutz der Eisbären

Nicht im Gefängnis, aber in ihrer natürlichen Umgebung will ich die vom Klimawandel so bedrohten Tiere nun auch endlich sehen. "Solange ich noch kann", denke ich mir, während jede Sekunde ein Stückchen Polkappe schmilzt. Um sechs Uhr in der früh gehts los, etwa 15 Minuten mit dem Auto, auf zur Tundra Buggy Station! Die riesen Gefährte mit Waschraum, WiFi, Snacks und Getränken an Board, bringen uns mit einer sehr wackeligen Tour durch die Tundra. Hochkonzentriert versuchen wir, in der im November noch nicht ganz so vereisten Arktis, den ersten Eisbären zu erspähen. Nach ein paar Verwechslungen mit Schneebrocken oder Büschen gelingt uns das auch: Ein paar hundert Meter entfernt kaut ein Eisbär ganz entspannt an einem Strauch. Satt macht ihn das natürlich nicht: "Die Jagdsaison beginnt erst, wenn das Meer gefriert. Dann können die Bären auf dem Eis auf Robbenfang gehen", erklärt uns Dr. Steven C. Amstrup im Tundra Buggy, eingemummelt in seine knallblaue Canada-Goose-Jacke. Er ist der führende Wissenschaftler der Schutzorganisiation "Polar Bears International", der weltweit einzigen Organisation, die sich ausschließlich dem Schutz der Eisbären und ihres Lebensraums widmet.

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Schon über zehn Jahre wird Polar Bears International vom kanadischen Outerwearhersteller Canada Goose unterstützt, der nicht nur die PBI-Forscher mit Polarkleidung für ihre Arbeit in der Arktis ausstattet, sondern auch eine eigene PBI-Kollektion vertreibt, durch deren Erlös Canada Goose bereits über drei Millionen Dollar an die Schutzorganisation spendete. "Der Winter ist für die Bären so wichtig, weil sie sich in den eisigen Monaten alles anfuttern, um den Sommer ohne Robbenjagd zu überstehen", erklärt Armstrup weiter. Einen Kilo verliert ein Bär dann etwa am Tag. 130 Kilo können es während der gesamten Durst- bzw. Hungerstrecke werden – was bei ca. 500 Kilo Kampfgewicht noch aushaltbar ist. Aber wie lange noch? "Durch den Klimawandel verkürzt sich die Zeit, in der das Meer gefriert. Also haben die Eisbären auch weniger Zeit zu jagen und sich einen Vorrat anzufuttern – was fatal ist, weil sich gleichzeitig natürlich die Spanne, in der sie nichts zu essen haben, erhöht", meint Amstrup weiter. Da muss ich erstmal schlucken. Und während ich so an meinem "Tundraccino" nippe (Kaffee mit einem Schuss Whiskey, trinkt man hier so!), sehen wir plötzlich aus nächster Nähe, wie zwei Eisbären aufeinandertreffen. Und sich mit einer zarten Kopfberührung und aufgerissenen Mäulern begrüßen! Gänsehaut-Moment. Allein dafür hat sich die komplizierte Reise ans Ende der Welt gelohnt, auch wenn das schlechte Gewissen gegenüber meines ökologischen Fußabdrucks jetzt natürlich noch größer ist, als vorher.

Auf die Bucket List: Schlittenhundfahren!

Eine Sache, die man in Churchill neben der Tundra-Tour auf jeden Fall auch gemacht haben sollte, ist Schlittenhundfahren! Bei Wapusk Adventures und Chef David Daley, dessen Familie seit Generationen in Chruchill lebt, bekommt man erst eine eindrucksvolle Einführung ins Thema, bevor es unter lautem Gejaule und Gebell auf den Hundeschlitten und ab durch den Schnee geht. Als mir anschließend noch ein Vogel auf die Hand fliegt und ganz ruhig sitzen bleibt, wird mir spätestens klar, wie naturnah und im Einklang mit der Umwelt die Menschen hier leben. Aus dem Niemandsland zurück in die Realität will ich gar nicht mehr. Vor allem, wenn die Realität bedeutet, dass wir die Natur und den Lebensraum der Tiere nach und nach zerstören…

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