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Priyanka Chopra Jonas im Interview über Diversität in der Branche, gefälschtes Selbstbewusstsein und Beauty-Vorlieben

Sie ist Schauspielerin, Mama und ehemalige Miss World – wir haben Priyanka Chopra Jonas im Interview zum Thema Diversität, Selbstbewusstsein und ihrem geheimen Make-up-Trick ausgefragt. 

Mit einem strahlenden Lächeln begrüßt mich Priyanka Chopra Jonas zum Interview. In einer weißen, luftigen Bluse, einem glowy Make-up und voluminöser Mähne sitzt die Schauspielerin vor mir und ich muss zugeben, dass mich ganz kurz der Fangirl-Moment gepackt hat. Als wahre Bollywood-Liebhaberin bin ich zum Teil mit ihren Filmen aufgewachsen und freue mich umso mehr, sie nun heute im Rahmen einer internationalen Brand wie Max Factor interviewen zu können. Schließlich hat mir als Kind immer gefehlt, mehr Leute in den deutschen Medien zu sehen, die so aussehen wie ich. Zu wissen, dass heute junge Desis (eine Bezeichnung für Menschen, die aus Indien, Pakistan und Bangladesch stammen) diese Repräsentation auf Streaming-Plattformen, Werbungen und Co. haben, ist natürlich ein absolut tolles Gefühl. Doch wie steht Priyanka selbst dazu? Das hat mich interessiert und genau deswegen musste ich sie das auch direkt als Erstes fragen. 

In Indien bist du bekannt als DAS einzig wahre "Desi Girl" (Bollywood-Lied). Nun bist du auch das erste Desi Girl, die das internationale Gesicht von Max Factor ist. Was bedeutet diese Art der globalen Repräsentation deiner Kultur für dich?

Ich muss sagen, es ist sehr aufregend. Ich bin in und außerhalb von Indien aufgewachsen und als ich in Europa, UK oder Amerika war, habe ich damals nie jemanden gesehen, der so aussah wie ich. Damals habe ich gar nicht daran gedacht, dass es etwas ist, was wir brauchen, weil ich immer davon ausgegangen bin, dass das so normal ist. Als ich dann aber mit 18 angefangen habe, in der Entertainment-Branche zu arbeiten und vor allem auch außerhalb von Indien Jobs zu kriegen, fiel mir auf, dass es so wenige von uns gab, die die Möglichkeit hatten, in der englischsprachigen Unterhaltungsindustrie zu arbeiten. Das mochte ich nicht. Es kam mir so vor, als würde ich gegen eine Wand kämpfen und es war in der Tat ein wahrer und harter Kampf, sich durchzusetzen. Jetzt ist es natürlich sehr aufregend, Teil einer super kleinen und exklusiven Liste von Menschen zu sein, die nicht aufgegeben haben und sich für die Repräsentation von Desis und die der Inder und Inderinnen eingesetzt haben. 

Und das ist ja auch total wichtig, oder?

Wir sind 1/5 der Weltbevölkerung und wir brauchen diese Art von Repräsentation auf globaler und internationalen Ebene auf jeden Fall, um die Anzahl unserer Population widerzuspiegeln – und das in jedem Bereich, nicht nur in der Entertainment-Branche. Ich freue mich sehr über den Wechsel und über den langsamen, aber stetigen Anlauf vor allem in meinem Umfeld. Es ist mir so wichtig, auch eine Desi Community in Hollywood aufzubauen. Am Anfang meiner Karriere hier fühlte ich mich sehr einsam. Das ist jetzt anders. 

Wie können sich Frauen in der Beauty-Industrie on- und offline empowern?

Ich finde, es ist sehr wichtig, dass wir Frauen eine Community für uns bilden. Eine Art "Safe Space", in der man untereinander networken, sich austauschen, sein Wissen miteinander teilen oder sogar zusammenarbeiten kann. Wir sollten Möglichkeiten füreinander fördern und uns gegenseitig unterstützen und das dann auch wirklich tun und nicht nur darüber sprechen. Wenn du jemanden toll findest, dann schicke der Person eine DM, trete mit ihr in Kontakt, frage nach einer Collab oder empfehle eventuell sogar jemanden. Ich glaube, Empowerment on- und offline kann nur geschehen, wenn wir diese Dinge auch wirklich umsetzen. 

Inwieweit kann die Unternehmungs- und Beauty-Branche als Plattform genutzt werden, um das Thema Empowerment und Diversität zu verbreiten? Glaubst du, dass diese Sektoren erfolgreich darin sein können, die Perspektive der Konsumenten und Konsumentinnen zu ändern?

Ich sehe das eher wie einen Spiegel. Meiner Meinung nach sind es die Konsumenten und Konsumentinnen, die die Macht haben, die Perspektive der Unternehmen drastisch zu ändern. Es gibt so viele Beauty Brands, dessen Käufer und Käuferinnen gesagt haben "Sorry, ich kaufe eure Produkte nicht, weil es meinen passenden Ton nicht gibt" oder "Als People of Color sehe ich keine Diversity in eurer Kollektion, welches zu meiner Haarstruktur, Hautfarbe und Co. passen". 

Es muss also von beiden Seiten etwas passieren?

Ja, das geht Hand in Hand. Und das haben wir auch schon oft in der nahen Vergangenheit gesehen, dass Marken ihre Kampagnen oder Linien geändert haben, nachdem die Konsumenten und Konsumentinnen sich öffentlich eine Veränderung gewünscht haben. Der Dialog ist hier mega wichtig. 

Bleiben wir beim Thema Empowerment: Welchen Tipp würdest du deinem jüngeren Ich geben?

Ich würde meinem jüngeren Ich raten, sich weniger zu stressen. Ich glaube, es ist typisch, dass man sich in seinen jungen Jahren mega viele Gedanken über jede Kleinigkeit macht und sobald ein Fehler geschieht, die Welt gefühlt zu Ende geht. Früher habe ich sehr oft mein Selbstbewusstsein gefaked und ich bin damit auch davongekommen. Ich war halt ein "Schönheitswettbewerbs-Girl", wir wussten wie man Selbstsicherheit fälscht. Jetzt wünschte ich mir, dass mein jüngeres Ich sich nicht verstellen müsste und "wahres" Selbstbewusstsein hätte. 

Würdest du sagen, dass Make-up Selbstbewusstsein stärken kann?

Klar, Make-up ist ein Ausdruck und kann auf jeden Fall Selbstbewusstsein boosten – ist aber kein Muss. So sehr ich es liebe, ungeschminkt zu sein, muss ich aber auch zugeben, dass etwas Mascara und ein bisschen Lippenstift wahre Wunder bewirken kann. Dann gibt es aber auch Tage, an denen ich abends schick ausgehen möchte und mir auch mal eine Stunde nehme, um mich zu schminken. Dann verwende ich Farben, die ich liebe, die mir stehen und mir schmeicheln. Das macht mir genauso viel Spaß. Dann gibt es noch den künstlerischen Aspekt, den ich für Filme benötige. Make-up hat mir dabei geholfen, besser in gewisse meiner Rollen zu schlüpfen. Seien es Augenbrauen, die dichter gemalt wurden oder gewisse Akzente, die mich älter aussehen ließen – Make-up hat die Fähigkeit zu transformieren. Es kommt ganz darauf an, wie du es verwenden willst. 

Gibt es einen geheimen Beauty-Hack, auf den du schwörst?

Oh, es ist ein wahrer "Aunty Hack". Meine Tante hat das früher immer gemacht und jetzt mache ich es (lacht). Sie hat ihren Lippenstift auch als Rouge verwendet. Eines Tages war ich bei einem Shooting und mein Make-up-Artist hat genau dasselbe getan. Er meinte, dass es der perfekte Hack ist, um den Look und die Farben im Gesicht optimal zusammenzutragen. Und ich sagte: "Das ist doch kein neuer Trick ist! Das ist ein indischer Aunty-Trick. Den kenne ich schon seit Jahren!"

Was ist deiner Meinung nach der Schlüssel zu einem erfolgreichen und glücklichen Leben?

Das ist eine sehr gute und zugleich auch sehr schwere Frage. Ich glaube glücklich und erfolgreich kann man nur sein, wenn wir im Moment leben. Das ist nicht einfach. Es ist echt nicht simpel, sich keine Sorgen über die Zukunft zu machen oder aber ständig über die Vergangenheit nachzudenken. Es gibt Fehler, die man gemacht hat oder man hat Angst vor Fehlern, die noch passieren können. Ich habe lange daran gearbeitet und man braucht eine Menge Zeit, um mit diesem Mindset zu leben. Den Moment wirklich zu genießen, die Sonne auf dem Gesicht zu spüren oder Gespräche um uns herum wahrzunehmen und nicht ständig am Handy zu sein. Wenn du das Glück hast, ein Leben zu führen, mit dem du zufrieden bist, dann sei einfach nur präsent und sei dankbar dafür. 

Das ist auch ein sehr guter Vorsatz für das neue Jahr.

Total. Mir hat das jemand mal sehr gut bildlich anhand von Surfern erklärt. Die müssen auf den Wellen reiten, damit sie erfolgreich surfen können. Sobald sie dagegen ankämpfen, kommen sie gar nicht erst hoch. Sie müssen sich auf die Waves einlassen. Das Leben ist genauso. Das, was wir kontrollieren können, können wir navigieren. Alles andere, sollten wir auf uns zukommen lassen und mit dem Flow gehen, ohne alles zu überdenken. 

Und zuallerletzt: Gibt es anstehende Projekte, von denen du uns schon jetzt verraten kannst?

Wegen des Streiks wurden viele Projekte auf Hold gesetzt. Ich habe in dieser Phase viel Zeit Zuhause verbracht, was ich seit Jahren nicht mehr gemacht habe. Dafür bin ich sehr dankbar. Aber jetzt geht es weiter mit "Heads of State" und "Citadel". Dann sind noch zwei Filme in der Pipeline für nächstes Jahr, worauf ich mich sehr freue. 

Verwendete Quellen: Interview