So machst du dich jetzt gegen den Rechtsruck stark

Am Wochenende fanden in zahlreichen deutschen Städten erneut Demos gegen Rechts statt. Wieso es jetzt wichtiger denn je ist, sich gegen demokratiefeindliche Parteien auszusprechen und wie du dich gegen den Rechtsruck positionierst, liest du hier.

Demo gegen Rechts© Getty Images
Überall gehen Menschen gerade gegen die AfD und ihre faschistischen Abschiebepläne auf die Straße. Wieso es jetzt wichtiger denn je ist, sich gegen Rechts zu positionieren, liest du hier.

Was tun gegen die AfD? Diese Frage stellte ich mir zuletzt, als ich auf einem blauen Wahlplakat den absurden Slogan "Abschieben schafft Wohnraum" lesen musste. Absurd, weil es für mich kaum eine entferntere Realität gibt, als eine, in der ich einer rechtspopulistischen, menschenverachtenden und inhaltsleeren Partei wie der AfD meine Wahlstimme geben würde. 

Absurd, weil ich eine Welt, in der Rechtsextremismus in der sogenannten "Mitte der Gesellschaft" angekommen ist, bislang für undenkbar hielt. Schließlich haben wir in Deutschland aus unserer Vergangenheit gelernt. Oder?

Kürzlich hat das Rechercheteam correctiv den "Geheimplan gegen Deutschland" aufgedeckt und damit viel Aufsehen erregt. AfD-Politiker, Neonazis und finanzstarke Unternehmer schmiedeten bei einem geheimen Treffen den Plan, Millionen Menschen aus Deutschland zu vertreiben. Der Rechtsruck in unserer Gesellschaft wird präsenter – und macht mir Angst. 

Doch immer mehr Menschen verstehen durch diesen "Masterplan" jetzt auch, dass es ernst wird. Es geht um nicht weniger als Demokratie, und das sagenumwobene "nie wieder". Jetzt heißt es: Aufwachen, berappeln und gemeinsam gegen Rechts aufstehen. Aber wie geht das am besten?

Rechtsruck in Deutschland: Was ist passiert?

Rechtspopulistische Parteien wie die AfD haben in den vergangenen Jahren in Deutschland an Relevanz gewonnen. Die radikalen Rechten "befeuern antidemokratische und rassistische Ressentiments, verdrehen und missachten Fakten und verbreiten Verschwörungsmythen", heißt es in der Forschung ganz klar. Krisen wie Pandemien, Klimakatastrophen oder Kriege würden missbraucht, um besorgten Menschen eine einfache und bequeme Scheinlösung zu präsentieren. 

Marginalisierte Gruppen werden dabei immer wieder gegeneinander ausgespielt: Für die Armut vieler Deutschen sind im rechten Kosmos "die Ausländer" verantwortlich. Klar, Menschen in Notsituationen sind einfach besser zu instrumentalisieren: Ausländer raus, Problem gelöst – die Umfragewerte der AfD steigen immer weiter und schon ist der Nährboden für den rassistischen Abschiebewahn geschaffen. Wie wichtig der zivile Widerstand genau dagegen ist, wissen wir seit 1930 leider ganz genau.

So machst du dich gegen Rechtsextremismus stark

In Teilen von Deutschland, in denen die AfD nicht zu den stärksten Kräften zählt, neigen wir dazu, AfD-Wählerinnen und -Wähler zu exotisieren. "Was, Person XY wählt die AfD?!" Dabei ist rechtes Gedankengut schon länger wieder alltagstauglich. Wir müssen verstehen, dass das Wählen einer Partei, die vom Verfassungsschutz in drei ostdeutschen Bundesländern als "gesichert extremistisch" eingestuft ist, vielerorts keine Seltenheit mehr ist

Wir müssen den Menschen, die sich von der AfD angesprochen fühlen, auf einer anderen Ebene begegnen. Ihre Probleme sind relevant, sie sind echt, sie werden aber nicht dadurch gelöst, dass man sie belächelt – und natürlich auch nicht durch irgendwelche Abschiebepläne der AfD. 

Ich habe oft das Gefühl, dass meiner linken Blase der Diskurs entgleitet. Mit einer elitären Selbstherrlichkeit wird über hochkomplexe Themen philosophiert, wer sich besser ausdrücken kann und die "perfektere" linke Meinung hat, gewinnt. Zu oft erinnert mich die Diskussion an eine Performance. 

Die Realität ist doch diese: Menschen fühlen sich von der AfD gehört und sehen endlich einen vermeintlichen Ausweg aus ihrer Misere. Einen Schuldigen zu finden, tut halt gut. Nun lässt sich gegen rechte, festgefahrene Weltbilder schwer argumentieren. Wichtig ist, dass das Problem frühzeitiger bekämpft wird. Parteien wie die AfD leben von Hass, Hetze und Frust. Das Narrativ "wir" gegen "die anderen" – also zum Beispiel die "heimatliebenden Macher" gegen die "Altparteien" oder die "Linksgrünversifften" spielt der AfD direkt in die Karten.

Setzt die Politik allerdings genau dort an und hält die wachsende Unzufriedenheit der Bevölkerung auf – etwa durch echte Chancengleichheit, stärkere Besteuerung von Milliardären oder faire Arbeitsbedingungen in jedem Sektor – ist antidemokratischen Positionen ein Teil ihres Nährbodens entzogen.

Demos gegen Rechts: Darum ist es jetzt wichtiger denn je, laut zu sein

Von rassistischen Anfeindungen und faschistischen Abschiebeplänen bin ich persönlich nicht betroffen – was für ein Privileg, dass ich mich aktiv dazu entscheiden kann, politisch zu sein, oder die Nachrichten auch mal auszuschalten. Marginalisierte Menschen, die von Remigrationsfantasien betroffen sind, können das aber nicht – für sie ist es eine allgegenwärtige Existenzangst. 

Genau aus diesem Grund ist es wichtiger denn je, dass jeder einzelne von uns laut wird und weiterhin Demonstrationen besucht. Leider ist die Antwort auf die AfD keine einfache – viel zu verwoben ist der Grund für das Erstarken von rechtem Gedankengut und viel zu grundsätzlich die Unzufriedenheit der Menschen, die von der AfD schnelle Hilfe versprochen bekommen. 

Du brauchst aber keine perfekt ausformulierte Meinung, um dich gegen den Rechtsruck zu positionieren und keine komplizierte Studie zu rezitieren, um etwas Relevantes zu sagen zu haben – auch ich kenne viele Hintergründe nicht und muss mir selbst immer wieder einen Ruck geben, über Politik zu sprechen. Die Erfahrung zeigt mir aber, dass es sich lohnt.

Was du jetzt also machen kannst? Schließe dich einer Kundgebung in deiner Nähe an, geh wählen, erinnere an die Geschichte, sprich mit deiner Familie, bringe das Thema mit an den Essenstisch und mach den Mund auf, wenn dem Nachbarn mal wieder ein diskriminierender Witz über die Lippen kommt. Unbequem zu sein, erfordert Mut. Bei der nächsten Demo gegen Rechts bin ich jedenfalls wieder dabei. Du auch?