
Verwirrte Gesichter blicken mich an, als ich in unserem Redaktionsmeeting von meiner Verzweiflung berichtete, meinen Style verloren zu haben. Absolut verständlich! Eine Moderedakteurin, die ihren eigenen Modestil nicht kennt, ist so ziemlich das Gleiche wie ein Bäcker, der sein Erfolgsrezept vergessen hat. Denn wenn man es genau nimmt, ist mein Modestil wie eine Art Rezept, an das ich mich halte, damit ein Look nach meinem Geschmack entsteht. Die Zutaten sind die verschiedenen Kleidungsstücke – und abgeschmeckt wird das Ganze am Ende mit den richtigen Accessoires. Doch was tun, wenn man nicht mehr genau weiß, was einem schmeckt?
Willkommen in meiner modischen Quarterlife Crisis
Du fragst dich bestimmt, wie es überhaupt zu meinem überraschenden Geschmacksverlust in Sachen Style gekommen ist. Der Prozess war schleichend, doch der Auslöser lässt sich ziemlich leicht zurückverfolgen: Eine Trennung und ein damit einhergehender Umzug von den USA zurück nach Deutschland waren dafür verantwortlich. Zwei große Schritte, die eine Menge Mut gekostet haben. Mut, eine Komfortzone zu verlassen, die sich nicht mehr gut angefühlt hat. Meist sind es diese Art von Umstellungen im Leben, die mit einer persönlichen Veränderung einhergehen. Man entwickelt sich weiter, erfindet sich neu.
Und wenn das Äußere nicht mehr zum Inneren passt, ist es Zeit für eine modische Adaption.
Das muss nicht unbedingt negativ sein. Auch schöne Ereignisse und der Wandel der Zeit können dafür verantwortlich sein, dass sich der Modestil ändert. Beispielsweise berichten viele Frauen davon, ihren alten Kleidungsstil über den Haufen geworfen zu haben, als sie Mutter geworden sind oder einen neuen Job begonnen und sich ihre alten Klamotten nicht mehr wohlgefühlt haben. Und da sind wir beim Punkt: Es geht nämlich um ein inneres Gefühl, das ein Outfit auslösen kann – sofern es sich denn authentisch anfühlt.
Status quo: Feeling lost
Schaue ich allerdings in meinem Kleiderschrank, kräuselt sich beim Anblick meiner Klamotten ratlos meine Stirn. Da passt nichts mehr zusammen, geht es mir beim Durchwühlen meiner Kleidung durch den Kopf. Leider muss ich mir da selbst auf die Finger klopfen. Während sich manche in ihrer Trennungsphase in Clubs ausleben, tat ich dies in Online-Shops und lenkte mich bei Zara, Asos und H&M ab, indem ich gefährliche Frustkäufe tätigte – unter dem Vorwand, mein Typ verändern zu wollen.
Mein erster Kauf nach meiner Trennung war eine sportliche Cargo-Hose, nachdem ich meiner Freundin stolz erzählt habe, ab jetzt ein "lässiges und entspanntes Streetstyle-Girl" zu sein. Blicke ich auf den Moment zurück, muss ich grinsen, genauso wie meine Freundin damals, die meinen Kommentar ziemlich lustig fand.
Zu ihrer Verteidigung: Man kennt mich in erster Linie in verspielten Kleidern oder eleganten Blusen in Kombination mit klassischen Basics wie einer gut sitzenden Jeans. Mein nächster Kauf war demzufolge ein wenig passender: ein Blazer mit goldenen Knöpfen. Doch meine Unentschlossenheit in Bezug auf meinen Stil hatte rückblickend einen eindeutigen Haken. Als Resultat blicke ich heute in einen Kleiderschrank ohne roten Faden und einer Menge Fehlkäufen.
Und so finde ich mich vor meinem Laptop sitzend wieder, als ich meinen Kolleginnen mein Vorhaben offenbare, mich auf eine Reise nach meinem modischen Erfolgsrezept zu begeben. Aber diesmal mit Kompass und einem konkreten Plan. Wer ist mit an Bord?