
Das weiße Etuikleid sitzt wie angegossen, die vollen Haare sind wie immer kunstvoll zusammengesteckt und das strahlende Lächeln könnte ansteckender nicht sein – Prinzessin Kate hat ihren ersten Auftritt nach ihrer schockierenden Krebs-Diagnose mit Bravour gemeistert. Es hat alles gepasst – und genau daran stören sich einige Kritiker. Denn wie kann eine Krebskranke nur so gut aussehen? Wie kann sie so ungezwungen in die Kameras lächeln und warum hat sie eigentlich noch immer Haare auf dem Kopf? Als ebenfalls Krebskranke machen mich solche Kommentare fassungslos. Eine Wutrede.
Strahlender Auftritt bei "Trooping the Colour" – trotz Krebsdiagnose
Rund sechs Monate ist es her, dass Kate das letzte Mal öffentlich aufgetreten ist – Ende März wusste dann auch jeder, warum: Kate hat Krebs! In einer emotionalen Videobotschaft erzählte die Frau von Prinz William, dass die Krankheit bei einer Bauch-Op Anfang des Jahres festgestellt wurde und sie sich nun einer vorsorglichen Chemotherapie unterziehen müsse. Offizielle Termine würde sie erst einmal nicht wahrnehmen, um sich voll und ganz auf die Therapie zu konzentrieren.
Vor wenigen Tagen dann die Überraschung: Die 42-Jährige verkündet, an der "Trooping the Colour"-Parade zu Ehren des Geburtstages von König Charles teilzunehmen. Ein Auftritt, der von der ganzen Welt mit Hochspannung erwartet wurde.Und Kate lieferte ab, wie man es von ihr gewohnt ist. Professionell, als würde sie nicht gerade die schwerste Zeit ihres Lebens durchmachen, zeigte sie sich den Fans.
Dieser Auftritt muss Kate unfassbare Kraft gekostet haben
Ich kann mir vorstellen, wie viel Kraft Kate dieser Auftritt gekostet haben muss. Eine Kraft, die man während einer solchen Therapie kaum aufzubringen vermag. Dem Körper wird alles abverlangt, jeder Schritt ist einer zu viel. Wenn man es dann aber doch mal vor die Tür schafft, bleibt oftmals nur der Wunsch nach einem Hauch Normalität. Man möchte nicht, dass jeder sieht, dass man krank ist (erst recht nicht, wenn die ganze Welt zuschaut). Man möchte sich für einen Moment fühlen wie vor der Diagnose. Dass sich Kate herausgeputzt hat und ein Lächeln aufgesetzt hat, kann ich daher nur zu gut nachvollziehen und verdient den allerhöchsten Respekt.
Man möchte sich für einen Moment fühlen wie vor der Diagnose.
Und was die Haare betrifft: Jaaa, Kate hat scheinbar noch immer eine volle Traummähne. Freut euch doch für sie! Aber wissen wir, wie viel davon aus nachträglich hinzugefügten Haarteilen besteht? Und wissen wir, ob die Krebs-Medikamente überhaupt Haarausfall bewirken (Ja, das gibt es!) oder ob Kate eine begleitende Kühlkappen-Therapie macht, um einem möglichen Haarausfall vorzubeugen? Nein!
Blöde Kommentare kann man daher in einer solchen Situation nicht gebrauchen und den Druck der Gesellschaft schon gar nicht. Nutzt man gute Phasen während der Krebstherapie, zieht sich was Nettes an, schminkt sich und stylt sich die Haare (oder die Perücke wie in meinem Fall), heißt es "Na, so schlimm kann es ja nicht sein, du siehts ja total gesund aus". Verzichtet man auf all das "Chichi" und lässt die tiefen Augenringe und den überforderten Körper einfach mal das sein, was er in den schlechten Phasen während der Therapie ist, heißt es "Lass dich doch nicht so hängen". Man kann es am Ende nicht jedem Recht machen und das sollte man auch nicht müssen – weder als "Normalo" noch als Monarchin!
Einfach mal die Klappe halten – oder möchte jemand tauschen?
Denn tauschen möchte am Ende doch nun wirklich niemand mit der zukünftigen Königin von England: Nicht nur aufgrund der traurigen Diagnose, sondern vor allem wegen des Umstandes, dass es der Dreifachmutter kaum gestattet wird, ganz in Ruhe diesen Feind in ihrem Körper zu bekämpfen, ohne dass die Öffentlichkeit regelmäßige Updates oder Details zu ihrem Gesundheitszustand verlangt. Bei einer solchen Diagnose wird das ganze Leben in einem Wimpernschlag auf den Kopf gestellt. Plötzlich muss man sich mit dem Gedanken auseinandersetzen, diese Krankheit vielleicht nicht zu überleben, erkennt sich oftmals nicht wieder, ist ein Schatten seiner selbst.
Daher kann ich allen selbsternannten Krebs-Experten nur einen Tipp mit auf den Weg geben: Erst denken, dann reden und vor allem öfter mal vor der eigenen Haustüre kehren und dankbar sein, dass man nicht dasselbe durchmachen muss.