
Mal ehrlich, denkst du darüber nach, wo du last minute deinen Blumenstrauß kaufst, bevor’s zum Tee und Kuchen bei den Schwiegereltern geht? Wenn ja: Respekt! Du scheinst dich schon intensiv mit nachhaltiger Blumenzucht auseinandergesetzt zu haben. Viele wissen aber nicht, dass sie mit ihrem Kauf möglicherweise auch gleichzeitig Umweltzerstörung und Ausbeutung unterstützen, sagt Masami Charlotte Lavault. Sie hat das geschafft, wovon viele ihr Leben lang träumen: Sie hat sich ihren größten Wunsch erfüllt und ihren sicheren Job als Industriedesignerin aufgegeben, um eine eigene Blütenfarm zu gründen.
Mitten in Paris züchtet die 36-Jährige heute Blumen auf der "Plein Air"-Farm und ist seit Kurzem auch das Werbegesicht für "Flower by Kenzo Ikebana" – wie passend! Hier erzählt sie uns alles über ihre Arbeit auf der Farm und den leider immer noch sehr korrupten Blumenhandel ...
Frau Lavault, was fasziniert Sie an Blumen?
Ihre Vergänglichkeit. Manche blühen nur einen einzigen Tag, andere mehrere Wochen. Das spiegelt sehr eindrücklich das menschliche Leben wider – wir sollten die kurze Zeit, die wir haben, mit Farbe und Freude füllen.
Wie kamen Sie zur Blumenzucht?
Früher habe ich in der Modeindustrie gearbeitet. Schnell wurde mir bewusst, dass viele Produkte, die ich entwerfen sollte, weder nützlich noch wertvoll und erst recht nicht nachhaltig waren. Es war Schrott, um es hart auszudrücken. Ein Schlüsselmoment war, als ich eine Tasche für Männer entwickelte und meinen Chef fragte, wie viele Taschen wir eigentlich aus einer Kuh machen. "Eine Tasche, eine Kuh", war seine knappe Antwort. Wenige Tage später reichte ich meine Kündigung ein. Das wollte und konnte ich nicht länger unterstützen.
Was haben Sie dann gemacht?
Ich habe auf verschiedenen biodynamischen Bauernhöfen in Marokko, England, Frankreich und Japan gearbeitet. Erst habe ich dabei geholfen, Gemüse anzubauen, in England kam ich dann das erste Mal in Berührung mit der Blumenzucht. Ich wusste sofort: Ich will meine eigene Blumenfarm eröffnen, mich für nachhaltige Pflanzung einsetzen und auf die Missstände dieser schmutzigen Industrie aufmerksam machen.
Was ist denn "schmutzig" am Blumenhandel?
Blumen, die wir in europäischen Läden finden, sind bis zu 70 Prozent Importblumen aus fernen Ländern wie Ecuador, Kolumbien, Äthiopien oder Kenia. Die Blumen werden also unfassbar weite Strecken mit dem Flugzeug transportiert. Sie müssen dabei, genau wie importiertes Obst und Gemüse, durchgehend gekühlt werden, und die Kühltransporte haben einen extrem hohen CO2 Ausstoß. Hinzu kommt, dass in den Anbauländern mit vielen starken Chemikalien gearbeitet wird, damit die Blüten auch ja makellos bleiben, bis sie schließlich in unserer Porzellanvase auf dem Esszimmertisch landen. Diese Chemikalien gelangen ins Grundwasser der ohnehin schon armen Länder und zerstören die Umwelt und schädigen die ausgebeuteten Arbeiter. Daher ist mein Ansatz, die Blumen nachhaltig und lokal zu züchten und zu verkaufen.
Erzählen Sie uns von Ihrer Arbeit auf Ihrer Blumenfarm.
Viele stellen sich meinen Job vor wie ein Märchen. Sie denken, ich würde den ganzen Tag mit Sonnenhut und Kleidchen zwischen Blumen tanzen. In Wahrheit ist es aber echt harte Arbeit: Da ich fast alles mit der Hand mache, brauche ich viel Kraft und Geduld. Es dauert etwa zehn Monate, bis aus Samen ein Blumenstrauß wird.
Welche Projekte haben Sie für die Zukunft?
Ich möchte gern Workshops veranstalten, in denen ich alles über nachhaltige Blumenzucht lehre, um vor allem auch junge Menschen zu motivieren, Bio-Blumen anzubauen.
Augen auf beim Blumenkauf: Darauf kannst du achten
- Nachfragen: Sprich deinen Floristen direkt an und frage ihn, woher seine Blumen kommen. Gute Chancen auf Bio-Blumen hat man aber auch auf Wochenmärkten oder direkt bei ökologischen Gärtnereien.
- Auf Siegel achten: Für regionale Blumen gibt es "Ich bin von hier"-Siegel. Das Fairtrade-Siegel garantiert außerdem, dass sozial- und umweltverträglicher produziert wurde.
- Blumen selber ziehen: Wenn du die richtigen heimischen Sorten wählst, schaffst du hiermit auch neue Lebensräume für Bienen und andere Insekten. Bio-Blumensamenmischungen gibt es zum Beispiel unter avocadostore.de
Verwendete Quelle: GRAZIA Print