Ein Blick hinter die Kulissen: So entstehen Trends wirklich

Die Zeiten, in denen die Mode-Elite Fashion-Hypes diktiert hat, sind vorbei. Trends entwickeln sich heute anders, aber wie? Und was genau sind "Cores"? Und was hat das alles mit dem Kultfilm "Der Teufel trägt Prada" zu tun?

Fünf Frauen auf der Copenhagen Fashion Week© Launchmetrics Spotlight
Trends kommen und gehen! Doch wer bestimmt eigentlich, was gerade angesagt ist?

Vielleicht erinnerst du dich an die Szene von "Der Teufel trägt Prada",als Chefredakteurin Miranda Priestly (Meryl Streep) ihrer neuen jungen Assistentin Andy (Anne Hathaway) Folgendes an den Kopf knallt: Sie gehen einfach an Ihren Schrank und greifen sich diesen... plumpen blauen Pullover zum Beispiel, weil Sie der Welt damit sagen wollen, dass Ihnen Ihre Kleidung nicht so wichtig ist wie Ihre Persönlichkeit. Aber was Sie nicht wissen, ist, dass dieser Pullover nicht einfach blau ist, auch nicht Türkis oder Lapis. Er ist nämlich Azur und Sie haben nicht den blassesten Schimmer davon, dass Oscar de la Renta 2002 azurblaue Abendkleider entworfen hat...“.

Barbiecore Trend! Deshalb lieben jetzt alle die Farbe Pink:

Hat er übrigens nicht, in Wirklichkeit war seine Herbst/Winter-Kollektion 2002 schwarz und grau. Aber durchaus real ist der Kern dieses Filmzitats: Trends wurden lange Zeit von wenigen Designern gesetzt und dann von Fashion-Journalistinnen und -Journalisten unters interessierte Modevolk gebracht. Erst nach einer gewissen Zeit gelangten sie über Kaufhäuser zur breiten Masse. Man spricht vom sogenannten Trickle-down-Effekt: Ein Trend beginnt bei der Mode-Elite, wandert vom Runway in die Luxusboutiquen und wird schließlich über Fast-Fashion-Ketten jedermann zugänglich gemacht.

Nun, Zeiten ändern sich. Heute läuft’s anders. Zu verdanken haben wir das Social Media – vor allem TikTok. Eine neue Strömung beginnt oft direkt bei den Massen und wird erst dann von den Designern aufgegriffen. In den sozialen Medien kann jeder Trendsetter sein: die Nachbarstochter, der beste Freund, auch jemand mit einer vergleichsweise kleinen Followerzahl. Oft lässt sich gar nicht mehr genau sagen, wer oder was einen Trend ausgelöst hat. Selbstverständlich verlassen wir uns aber auch heute noch gern auf Celebrities und It-Girls, um immer up to date zu sein. Beispiele gefällig? Hailey Biebers PR-Team kreiert von "Glazed Donut“-Nails (Gelnägel mit einer weißen bis roséfarbenen Base mit Perlmutt-Finish) bis hin zur "Strawberry Girl Ästhetik“ (viel Rouge und Lipgloss im Roséton) regelmäßig neue Beauty-Hypes um die 26-Jährige. An der Fashion-Front ist "Quiet Luxuryseit Monaten nicht mehr wegzudenken. Der Look, der vor allem durch die HBO-Serie "Succession“ (eine Satire über die Reichen und Schönen) und It-Girl Sofia Richie geprägt wurde, zeichnet sich durch hochwertige Materialien, eine gedeckte Farbpalette und möglichst keine sichtbaren Logos aus.

Plötzlich reden alle von "Core"? Das steckt dahinter:

Und dann geistern ja seit geraumer Zeit auch die sogenannten "Cores" durch die Modewelt: "Mermaidcore“, "Barbiecore“, "Balletcore“, "Cottagecore“. Kennst du nicht? Nun, das Wort "Core“ lässt sich mit "Style“ gleichsetzen und ist im Übrigen oft einfach ein neu verpackter Mikrotrend. Hier geht’s nicht nur um Kleidung, sondern auch um Musik, Filme oder Interieur – ein lebendes Pinterest- Board sozusagen. Cores gibt es zwar nicht erst seit TikTok, sondern schon seit Anfang der 2010er-Jahre, aber noch nie gab es so viele parallel existierende Trendströmungen wie heute, befeuert durch TikTok: Der Hashtag "Cottagecore“ hat dort 15,1 Milliarden (!) Views – und ist damit der erfolgreichste Trend, der sich mittlerweile etabliert hat. Auch "Barbiecore“ hat es dank Greta Gerwigs Film immerhin auf über 500 Millionen Views geschafft.

Doch was macht es mit unserer schnelllebigen Gesellschaft, in der Trends sich oft nur wenige Woche halten oder den Sprung von Social Media auf die Straße und in die breite Masse gar nicht schaffen? Vor allem für junge Menschen können all die aufploppenden Hypes überfordernd sein: Schließlich wollen wir – rein psychologisch gesehen – dazugehören. Und das ging schon immer gut durch Mode. Außerdem fördert die schiere Masse an Trends Überkonsum – und spielt damit vor allem Fast-Fashion-Konzernen in die Tasche, die durch ihre wahnsinnig schnellen Produktionsketten am besten auf neue Trends reagieren können. So landet mehr und mehr Kleidung nach kurzer Zeit im Müll, entweder weil sie gar nicht erst abverkauft wurde, oder weil ein Trend dann eben doch wieder vorbei ist. Nichtsdestotrotz haben sie auch ihre guten Seiten: Soziale Medien erleichtern den Zugriff für jedermann und laden dazu ein, wieder mehr mit Looks zu experimentieren, sich selbst auszudrücken und darzustellen. Mode soll schließlich Spaß machen. Also: Werde in der kommenden Saison doch selbst mal zum Trendsetter – vielleicht mit einem "Der Teufel trägt Prada“-Core...

Wie wird ein Hype geboren?

  1. Etwas Interessantes ploppt auf: Ein Produkt oder ein Thema gerät in den Fokus – oft durch eine pokulturelle Strömung (Filme, Serien, Musik) – und wird von Tik-Tok-Usern aufgegriffen.
  2. Online-Talk: Nutzer und Nutzerinnen kreieren passend zum Trend-Content. Sogenannte "early adopters" verwenden eigene Pieces, um einen Look zu stylen. Hier entsteht oft der endgültige Name eines Trends – Cottagecore, Y2K, Mermaidcore und Co.
  3. Fast-Fashion-Ketten werden aufmerksam: Dank ihrer Produktionsprozesse können die Modefirmen blitzschnell auf Trends im Netz reagieren und massenweise passende Produkte auf den Markt bringen.
  4. Medien berichten: Klassische Online und Print-Magazine greifen den Trend in Artikeln auf. 
  5. Designer greifen Elemente auf:  Der Trend findet seinen Weg auf den Laufsteg– oder bereits bestehende Designer und Looks werden mit einem bestimmten Trend in Verbindung gebracht: zum Beispiel Cecilie Bahnsen und Simone Rocha mit Balletcore.
  6. Stars tragen den Trend: Zeitgleich mit den Designern werden auch mehr Celebrities in den besagten Trendteilen gesichtet.
  7. Der Peak: Hier ist der Trend an der Spitze seiner Relevanz angelangt: Alle sprechen darüber, Medien berichten, Marken verkaufen passende Pieces.
  8. Mid-Price Brands machen mit: Bei den restlichen Modemarken hängen die Trendteile nun ebenfalls in den Stores – inspiriert von den Runway-Kollektionen der Designer.
  9. Relevanz sinkt: Auf TikTok und anderen sozialen Medien wird kaum noch über den Trend gesprochen; er ist nun in der breiten Masse angekommen.
  10. Key-Items halten sich: Das Basic Piece eines Trends wird weiter stabil abverkauft. Bei Balletcore waren das zum Beispiel Ballerinas, die weiterhin gute Verkaufszahlen hatten. Stulpen oder Haarschleifen wurden hingegen nicht mehr nachgefragt.
  11. Alles kommt wieder: Einige saisonal funktionierende Trends kehren im nächsten Jahr zurück: zum Beispiel Cottagecore- Kleider im Sommer. Andere Trends entwickeln sich zu etwas völlig Neuem.

Verwendete Quellen: Grazia Magazin