Kuss-Skandal bei der Frauen Fußball-WM: Rubiales steht kurz vor dem Rücktritt

Der Kuss-Skandal bei der Fußball-WM der Frauen sorgt aktuell für großes Aufsehen. Nun soll Verbandschef Luis Rubiales kurz vor dem Rücktritt stehen. Was du wissen musst und was wir über den Eklat denken, liest du hier.

Der Kuss-Skandal bei der Fußball-WM der Frauen hat in den letzten Tagen für viel Aufsehen gesorgt. Die spanische Nationalmannschaft gewinnt die Weltmeisterschaft und Luis Rubiales, der Präsident des spanischen Fußballverbandes, wird dabei gefilmt, wie er die frisch gebackene Weltmeistern Jenni Hermoso vor Freude auf den Mund küsst. Erst zwei Küsse auf die Wangen, dann einen dicken Schmatzer auf die Lippen der Spanierin. Dabei hält er ihren Kopf mit beiden Händen fest. Die Bilder gehen um die Welt und die Kritik muss nicht lange auf sich warten. Ja, ein regelrechter Skandal wird ausgelöst, der erneut die Debatte um die Themen Machtmissbrauch und sexuelle Gewalt ankurbelt. Die Frage, die zu klären gilt: War Rubiales Verhalten übergriffig? Spoiler: Wir finden absolut!

Im Video erfährst du mehr über den Kuss-Skandal:

Update vom 24. August: Rubiales kurz vor Rücktritt

Es war der Kuss, der um die Welt ging. Doch statt romantischer Seufzer wie in den Romcoms, bekam er pures Entsetzen als Reaktion. Die kritischen Stimmen waren laut seit der Siegerehrung der Frauen Fußball-WM und forderten Konsequenzen für Verbandschef Luis Rubiales. Nun scheint tatsächlich das einzutreten, was sich viele gewünscht haben: Es sieht ganz danach aus, als stehe Rubiales kurz vor seinem Rücktritt. Das behaupten jedenfalls die Tageszeitungen AS und Marca. Er solle diese Entscheidung bereits seinen Mitarbeitenden mitgeteilt haben, so die spanischen Medien.

Zunächst hatte die RFEF für Freitag, den 25. August, eine außerordentliche Generalversammlung einberufen, nachdem auch der spanische Ministerpräsident Pedro Sanchez von einer "inakzeptablen Geste" sprach und kommentierte, dass Rubiales öffentliche Entschuldigung "unzureichend" sei. Gleichzeitig hat die FIFA ein Disziplinarverfahren gegen Rubiales eingeleitet:

Die FIFA bekräftigt ihr uneingeschränktes Bekenntnis zur Achtung der Integrität aller Personen und verurteilt deshalb jedes gegenteilige Verhalten aufs Schärfste.

Kuss-Kritik: Die Reaktionen auf den Vorfall bei der Frauen Fußball-WM

Die Reaktionen auf den Vorfall sind vielfältig. Einige (wenige) Menschen verteidigen Rubiales Handlung und argumentieren, dass es sich um einen Ausdruck von Freude und Stolz handelte. Andere hingegen kritisieren das Verhalten des Verbandspräsidenten als unangebracht und respektlos. Sie betonen, dass solche intimen Gesten im professionellen Sport keinen Platz haben sollten. Es sei ein absolutes No-Go, so Stimmen im ganzen Netz.

Und auch in der spanischen Politik findet eine Debatte zum Kuss-Eklat statt. So heißt es von der spanischen Gleichstellungsministerin Irene Montero auf Twitter: "Das ist eine Form der sexuellen Gewalt, die wir Frauen täglich erleiden und die bisher unsichtbar war und die wir nicht normalisieren dürfen". Und weiter: "Die Zustimmung steht im Mittelpunkt. Nur ein Ja ist ein Ja".

"Hat mir nicht gefallen": Das sagt Jenni Hermoso zu dem Kuss

Die Frage, ob eine Geste wie ein Kuss angebracht ist oder nicht, hängt vor allem damit zusammen, ob sie einvernehmlich ist oder nicht. Die spanische Nationalspielerin Jenni Hermoso verrät kurz nach dem WM-Sieg in einem Instagram-Livestream aus der Umkleidekabine, dass ihr der Kuss "nicht gefallen" habe. Auf die Frage einer anderen Spielerin, warum sie sich nicht gewehrt habe, antwortet sie: "Was hätte ich denn tun sollen?"

Später ruderte die 33-Jährige zurück. In einer Stellungnahme an die Medien, die der spanische Verband RFEF veröffentlichte, wies Hermoso die scharfe Kritik an Rubiales zurück: "Es war eine völlig spontane gegenseitige Geste aufgrund der immensen Freude, die der Gewinn einer Weltmeisterschaft mit sich bringt. Der Präsident und ich haben ein sehr gutes Verhältnis zueinander, sein Verhalten uns gegenüber war hervorragend, und es war eine natürliche Geste der Zuneigung und Dankbarkeit". Diese dürfe, so Hermoso "nicht so sehr überbewertet werden".

Rubiales entschuldigt sich: Er "bedauert" den Vorfall

Wirklich einsichtig zeigte sich der spanische Verbandschef zunächst nicht. Angesprochen auf die Kuss-Kritik sagte Luis Rubiales in einem Interview mit Radio Marca am Sonntagabend: "Der Kuss mit Jenni? Es gibt überall Idioten. Wenn zwei Menschen einen Moment der Zuneigung ohne weitere Bedeutung haben, sollte man nicht auf Idioten hören. Wir sind die Sieger und dazu stehe ich".

Am Montagabend dann die "Einsicht". In einer Videobotschaft entschuldigt sich Luis Rubiales für den Vorfall und gesteht Fehler ein: "Es gibt eine Sache, die ich bedauern muss, und alles, was zwischen mir und einer Spielerin passiert ist, mit der ich eine großartige Beziehung unterhalte, wie auch mit anderen, und wo ich sicherlich einen Fehler gemachthabe, das muss ich zugeben". Und weiter erklärt er: "Ich muss mich entschuldigen, da führt kein Weg dran vorbei. Und ich muss daraus lernen und verstehen, dass man als Präsident einer so wichtigen Institution wie der RFEF vorsichtiger sein muss, vor allem bei Zeremonien und dieser Art von Angelegenheiten".

Kommentar zum Kuss: Es geht um Macht und sexualisierte Gewalt – mal wieder

Ein Mann in einer Machtposition nimmt den Kopf einer Frau in die Hände und küsst sie auf die Lippen – ohne sich vorher das Einverständnis zu holen. Auf die Situation angesprochen sagt diese Frau später, es habe ihr nicht gefallen und sie wüsste nicht, was sie dagegen hätte tun sollen. Wir wissen ja nicht, wie das für dich klingt, doch wenn du uns fragst, liegt eines auf der Hand: Es geht hier um Machtmissbrauch und sexualisierte Gewalt. Nach all den Diskussionen um Rammstein-Frontmann Till Lindemann in den letzten Wochen, erneut ein Vorfall der sexualisierten Gewalt, der ins Licht der Öffentlichkeit rückt. Dabei solle man meinen, dass man gerade hier im hellen Licht der Kameras vor solchen Übergriffen sicher sei. Ist man aber offensichtlich nicht.

Doch der für uns eindeutig übergriffige Kuss nach dem Sieg der spanischen Nationalmannschaft ist nur die Spitze des Eisbergs. Schon lange gibt es Hinweise auf übergriffiges Verhalten im spanischen Nationalteam. In den vergangenen Monaten teilten insgesamt 15 Nationalspielerinnen dem Verband mit, dass die Trainingsführung unter Jorge Vilda ihre mentale Gesundheit ernsthaft in Mitleidenschaft zieht. Doch wer nun davon ausgeht, dass es infolgedessen eine Untersuchung gegen den spanischen Trainer gab, der liegt falsch. Stattdessen veröffentlichte der Verband folgendes Statement: "Die RFEF erlaubt den Spielerinnen nicht, das Fortbestehen ihres Trainers infrage zu stellen, denn solche Entscheidungen sind nicht Teil ihres Jobs". Ein Satz, der sich für die betroffenen Spielerinnen wie ein Schlag ins Gesicht anfühlen dürfte. Übrigens: Nur drei der 15 Frauen, die Vorwürfe erhoben, sind letzten Endes Teil des WM-Teams geworden.

Und nun, zum "krönenden Abschluss" der WM, auch noch der nicht einvernehmliche Kuss von Verbandspräsident Rubiales – eine autoritäre Machtdemonstration, von der die ganze Welt Zeuge sein durfte. Auch wenn einige Stimmen den Kuss nun verharmlosen und auch das offizielle Statement von Spielerin Jenni Hermoso versucht, die Kritik zu dämpfen: Wir finden, dass das Machtgefälle des spanischen Verbands ein Abbild des Patriarchats ist. Die Männer an der Spitze nehmen sich, was sie wollen und profitieren von denen, die ihnen untergestellt sind. Und da dachten wir, dass wir im Jahr des Barbie-Movies schon viel weiter seien.

Nun fragt man sich: Was ist die Konsequenz aus Skandalen wie diesen? Was können wir tun, um Übergriffe wie diese nie wieder zu erleben? Erstens: Wir können sie sehen, wenn sie in den Medien lauter werden, sie als Form sexueller Gewalt begreifen und darüber sprechen. Wir können festhalten, dass es hierbei um Machtmissbrauch geht, dass eine Frau ohne jegliches Einverständnis und ohne die Möglichkeit, der Situation zu entkommen (er hat ihren Kopf festgehalten!) in eine Situation gedrängt wurde, über die sie später sagt, sie hätte ihr nicht gefallen und sie hätte nicht gewusst, was sie hätte tun sollen. Zweitens: Wir können uns selbst reflektieren. Wann habe ich einmal gedacht, dass etwas "halb so schlimm" ist, wenn mir selber etwas "nicht gefallen" hat? Wie kann ich laut werden, wenn mir so etwas widerfährt? Wann wurde ich vielleicht schon mal zu etwas überredet, mit dem ich mich nicht wohlgefühlt habe? Und was kann ich tun, damit mir das nie wieder geschieht?

Unser Fazit: Es gibt noch viel zu tun

Die Debatte um den Kuss-Skandal bei der Fußball-WM der Frauen zeigt, wie wichtig es ist, über sexualisierte Gewalt und Machtmissbrauch zu sprechen. Es ist notwendig, klare Richtlinien zu entwickeln, die sicherstellen, dass alle Beteiligten sich wohl und respektiert fühlen. Denn am Ende sind es die Opfer sexualisierter Gewalt, die die Folgen tragen. Jeden Tag. Es bleibt abzuwarten, welche Konsequenzen der Vorfall für Luis Rubiales haben wird. Es wäre mehr als notwendig, wenn der spanische Fußballverband klare Richtlinien für den Umgang mit Spielerinnen festlegt, um ähnliche Situationen zu verhindern.

Insgesamt zeigt der Kuss-Skandal bei der Fußball-WM der Frauen, dass es noch viel Arbeit braucht, um eine gleichberechtigte und respektvolle Atmosphäre im Sport zu schaffen. Es ist wichtig, dass alle Beteiligten sensibilisiert werden und sich bewusst sind, dass persönliche Grenzen respektiert werden müssen. Nur so kann der Sport seine positive Wirkung entfalten und allen Beteiligten ein sicheres Umfeld bieten.

Verwendete Quellen: swr3.de, sportschau.de, sueddeutsche.de