
Mir steht der Moment schon jetzt bevor: Spätestens ab dem 14. Juni werde ich wieder wütend vor dem Fernseher sitzen. Und das nicht, weil ich mich über die Leistung der Nationalelf aufrege – zwar spiele und gucke ich leidenschaftlich gerne Fußball, aber nichts läge mir ferner, als Spieler von meinem Sofa aus anzubrüllen. Auch dann nicht, wenn Deutschland verliert.
Viel eher bringen mich die (zumeist männlichen) Kommentatoren, Reporter und Moderatoren auf die Palme, die beim Schwenk auf den Spielfeldrand mitfiebernde Partnerinnen der Fußballer als "Spielerfrauen" bezeichnen. Warum ich finde, dass die Bezeichnung nicht nur völlig überholt, sondern auch misogyn ist, erkläre ich hier.
Wieso ist der Begriff "Spielerfrau" so populär?
"Spielerfrau" ist ein Begriff für Ehe- oder Lebenspartnerinnen meist prominenter männlicher Sportler von Vereinsmannschaften, der vor allem im Profifußball verwendet wird. Auch (Ex)-Partnerinnen deutscher Spieler, zum Beispiel Cathy Hummels, wurden in der Vergangenheit des Öfteren als "Spielerfrau" betitelt. Klar, der Begriff geht schnell von der Zunge – besonders dann, wenn einem der richtige Name der Frau gerade nicht einfallen will.
Seinen Höhepunkt erreichte das Thema für mich, als ein Teamkollege des Footballspielers Travis Kelce auf dessen Freundin Taylor Swift mit den Worten "my teammate's girlfriend", also zu Deutsch "die Freundin meines Mannschaftskollegen" verwies. Wie bitte? Ja, nicht mal Popstar Taylor Swift ist gefeit vor einer solchen Herabwürdigung. Aber woran liegt das? Zum einen können erfolgreiche Frauen so kleingehalten werden. Sie wirken weniger bedrohlich, ihr Erfolg geht auf das Konto des Mannes, sie werden zu einem niedlichen Anhängsel des Mannes degradiert. Sexismus für Anfänger quasi.
Plus: Frauen haben im Profisport in den Köpfen vieler pseudo-traditioneller Männer nichts verloren. Am liebsten wissen sie ihre tradwife in der Küche, oder eben höchstens am Spielfeldrand, aber keinesfalls auf dem Platz oder in einer anderen (erfolgreichen, öffentlichen) Rolle. So nehmen sie nicht genug Raum ein und polieren nebenbei das Image ihres Spielers auf. Passt.
Darum sollten wir "Spielerfrau" aus unserem Wortschatz streichen
Leider ist es ein bekanntes Muster. Während der Erfolg eines Mannes, auch dann, wenn er nur an der Seite seiner Frau in der Öffentlichkeit steht, nicht hinterfragt wird, hat die Frau aus Sicht der Gesellschaft ihren Erfolg häufig nicht verdient, steht stets im Schatten ihres Mannes oder hat sich schlicht "hochgeschlafen". Dabei blicken viele sogenannte "Spielerfrauen" auf eine eigene Karriere: Sie sind Geschäftsfrauen, Unternehmerinnen oder Content Creatorinnen.
Überhaupt geht die Rechnung nicht auf; oder bezeichnen wir andersherum die Partner von Fußballspielerinnen des DFB auch als "Spielerinnenmänner"? Nein, den Partnern (und übrigens auch Partnerinnen) von weiblichen Sportlerinnen wird sprachlich eine eigene Identität gegönnt, die nicht nur in Verbindung mit einem Mann existieren darf.
Auch im Englischen fällt die Bezeichnung der "Spielerfrau" nicht weniger abschätzig aus. "WAG" als Akronym für "Wives And Girlfriends" ist dort in Gebrauch, wobei das englische Wort "wag" auch für "wedeln" steht. Respektvoller Umgang? Fehl am Platz!
Sprachlich wird die Identität einer "Spielerfrau" also von ihrem Mann abhängig gemacht – sie ist eben "die Frau von". Dabei verbringen viele Partnerinnen von Hochleistungssportlern (vor allem solche mit Kindern) ihre Zeit damit, ihrem Mann den Rücken freizuhalten. Zudem ist nicht alles Gold, was glänzt: Die Partnerin eines berühmten Fußballspielers wird auch mit anstrengenden Dingen wie ständigen Umzügen oder fehlender Privatsphäre konfrontiert. Purer Glamour ist definitiv etwas anderes.
EM 2024: So könnten wir mit den "Frauen von" medial umgehen
Nun also ein kleiner Guide für alle Sportjournalisten und Fußballbegeisterte, die bei ihrer Berichterstattung oder ihrem Hobby-Kommentatoren-Dasein etwas über die Frauen von Manuel Neuer, Toni Kroos und Co. sagen möchten.
Wir nennen die Frauen, über die wir berichten, bei ihren vollen Namen. Sie sind keine "Spielerfrauen", wir belächeln oder verniedlichen sie nicht und wir verstehen, dass ihr Erfolg nicht nur in Verbindung mit ihrem Mann valide ist. Kurzum: Sie sind eigene Persönlichkeiten. Ganz einfach!
Verwendete Quellen: instagram.de, tiktok.com, wikipedia.de