
Ein klitzekleiner Knubbel unter der Haut. Nicht größer als eine Erbse. Mit bloßem Auge kaum zu sehen, dafür aber deutlich zu spüren. Eine Mini-Erhebung in der Brustfalte - für die Ärzte nicht weiter verdächtig, mein Instinkt aber schlägt Alarm. Etwas stimmt nicht, ich weiß es. Kurz darauf wird meine schlimmste Vermutung zur schmerzhaften Realität: Der Krebs ist wieder da!
Rückblick: Im Juni 2023 höre ich die Worte, die mein Leben für immer verändern: "Frau Gebhardt, Sie haben Brustkrebs". Es folgen fünf Monate Chemotherapie, eine beidseitige Mastektomie und eine Anti-Hormontherapie, die mich seitdem künstlich in die Wechseljahre katapultiert. Es ist eine Diagnose, die mich viel kostet: Kraft, Vertrauen, Leichtigkeit. Auf dem Weg zum Überleben verlangt sie mir alles ab. Doch der Kampf lohnt sich – neun Monate später bin ich krebsfrei.
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Ein Jahr später ist alles wieder da: Angst, Panik, Verzweiflung – und der Krebs!
Ein Jahr lang genoss ich dieses stolze Gefühl. 12 Monate, die zwar nicht vollends unbeschwert waren, die aber trotzdem so viel Hoffnung und Mut in sich trugen. 365 Tage war ich gesund. Und dann steht meine Welt plötzlich wieder still, hört für einen Moment auf, sich zu drehen und holt alles wieder hoch, was ich versucht habe, zu vergessen. Ein Jahr später, fast auf den Tag genau, ist alles wieder da: Angst, Panik, Verzweiflung – und der Krebs!
Es ist schlimmer als beim ersten Mal. Eine erneute Krebsdiagnose ist nicht wie Fahrradfahren, man gewöhnt sich nicht daran. Sie schlägt ein wie eine Bombe und zerstört alles, was sich gerade so mühevoll im Wiederaufbau befand. Sie fragt nicht, ob du bereit und stark genug bist. Sie katapultiert dich zurück in den Ring und zu zwei Gegnern, die noch stärker sind und noch unfairer kämpfen als beim letzten Mal: der Tumor und der eigene Kopf.
Warum wieder ich?
Denn während ich wie ferngesteuert von Arzttermin zu Arzttermin gehe, einen Operations-Termin genannt bekomme und möglicherweise erneut eine Chemotherapie machen muss, kann ich nur an eines denken: Warum wieder ich? Was habe ich falsch gemacht? Was ist, wenn ich den verdammten Krebs diesmal nicht überlebe? Und wenn ich überlebe, werde ich jemals keine Angst mehr haben? Warum darf mein Leben nicht leicht und unbeschwert sein?
Es sind Fragen, die einen schier wahnsinnig machen, weil sie niemand beantworten kann. Die Diagnose lässt sich weder erklären noch schönreden. Mit 36 Jahren zweimal innerhalb von zwei Jahren mit der eigenen Sterblichkeit konfrontiert zu werden, ist nicht zu begreifen. Ich bin wieder abhängig von den Ärzten, ich bin aber erneut nicht machtlos. Denn mehr denn je habe ich meinen Instinkt – und der rettet mir dieses Mal hoffentlich das Leben.
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Es braucht Mut, auf seinen Instinkt zu hören
Es hat Mut gekostet, auf meinen Instinkt zu hören. Von dem Moment an, an dem ich gespürt habe, dass etwas nicht in Ordnung ist, bis zu dem Tag, an dem ich zum Arzt gegangen bin und auf eine Biopsie bestanden habe, sind fast drei Wochen vergangen. In der Zeit habe ich alles verdrängt und den Kopf in den Sand gesteckt. Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß – was ich nicht weiß, ist nicht da.
Aber die Angst (und der Knoten in meiner Brust) verschwindet nicht, nur weil ich sie ignoriere. Die Angst ist nie ein guter Berater. Sie löst das Problem nicht, lässt es nicht wie durch Zauberhand verpuffen und schafft keine neue, bessere Realität. Stattdessen gilt: Je schneller wir handeln, je mehr wir auf unser Gefühl und unseren Körper hören, desto größer sind die Chancen, eine möglicherweise schwere Erkrankung rechtzeitig zu erkennen und zu bekämpfen.
Stärke kommt, wenn wir sie am dringendsten brauchen
Für mich heißt es jetzt wieder kämpfen und darauf vertrauen, dass ich stark genug dafür bin. Aber ich habe den Willen zu leben und ich weigere mich, aufzugeben. Denn das habe ich gelernt: Stärke kommt, wenn wir sie am dringendsten brauchen. Vielleicht nicht immer laut und offensichtlich, aber sie ist da. Sie erlaubt mir, mich abends in den Schlaf zu weinen, weil mir alles zu viel ist und hilft mir zu lächeln, wenn mir trotz der schwierigen Umstände etwas Gutes widerfährt. Ja, die zweite Diagnose ist schlimmer als die erste, aber das Wissen darum, dass ich das schon einmal geschafft habe, versetzt hoffentlich Berge.