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Sollte ich mich schlecht fühlen, wenn ich 3000 Euro für eine Tasche ausgebe?

Pleite für Prada? Geld weg wegen Gucci oder bankrott für Bottega Veneta? Unsere Head of Fashion Jenny geht in der neuesten Ausgabe ihrer Kolumne "Cash is Queen" der Frage nach: Ist die Investition in eine Designer-Handtasche ein cleveres Investment oder der reine Wahnsinn?

© Launchmetric Spotlights
Designer-Handtaschen wie die Saddle Bag von Dior stehen hoch im Kurs. Aber nur als modisches Accessoires oder auch als finanzielles Investment? Ich habe mit der Gründerin der Online-Plattform Luxussachen.com Valeria Schneider genau über dieses Thema gesprochen.

"Du besitzt was? Eine Handtasche im Wert von 2.900 Euro?", meine beste Freundin schüttelt nur den Kopf. "Sag mal, du spinnst doch. Mal ernsthaft, das liegt doch jenseits deiner Gehaltsklasse, oder?“, lacht sie. Und tatsächlich hat sie recht. Eine so teure Tasche gehört nicht zu den Dingen, die in mein monatliches Budget passen. Denke ich aber zurück an den Moment des Kaufs, dann fand ich diese Tasche einfach verdammt schön, unheimlich hochwertig und definierte sie für mich als ein persönliches, finanzielles Investment, das mir verdeutlicht, meine beruflichen Ziele erreicht zu haben. Die Übersetzung: Ich weiß, dass sie viel zu teuer war, ich wollte sie aber trotzdem!

Meine Strategie, um mir Luxustaschen zu leisten

Dennoch bleibt wohl die Frage: Wie kann ich mir diesen Luxus leisten? Ich lege meine Strategie für dich offen: Zuallererst setze ich lediglich auf ganz bestimmte Klassiker großer und einschlägiger Designhäuser. Bevor ich allerdings eine neue Tasche kaufe, muss eine alte verflüssigt werden. Die Einnahme investiere ich schließlich in ein neues Modell. Dabei liegt meine Quote erfolgreicher Verkäufe aktuell bei 100 Prozent. Obwohl ich jede Tasche über Jahre hinweg verwendete, machte ich keine Verluste und verkaufte sie stets zu demselben Preis (oder sogar einem höheren), den ich einst zahlte.

Dir stellt sich nun vermutlich die gleiche Frage wie mir: Handelt es sich hierbei um persönliches Glück oder ist die Designer-Bag tatsächlich ein cleveres Investment? Gemeinsam mit Valeria Schneider, der Gründerin des Onlineshops für Designer-Handtaschen "Luxussachen.com", bin ich dieser Frage auf den Grund gegangen. Worauf es ankommt, wenn man clever in ein solches Statussymbol investieren will und welche Marken besonders lukrativ sind, haben wir auch geklärt. Und dann wäre da auch noch die Frage, ob es okay ist 2900 Euro für eine Handtasche auszugeben.

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Unsere Expertin
Valeria Schneider

Gründerin von Luxussachen.com

Warum ist eine Designer-Handtasche als Investition attraktiv? 

Es ist ein Montagmorgen ganz nach meinem Geschmack: In der nächsten Stunde werde ich mit Unternehmerin Valeria Schneider ausschließlich über Designer-Handtaschen sprechen. Der Markt rund um diese Luxusgüter wächst stark. Preise von Handtaschen großer Traditionshäuser wie Chanel, Gucci oder Louis Vuitton unterliegen lukrativen Steigerungen. Dabei der Unterschied zu anderen Investments: Der Wert steigt stets nach oben und ist niemals rückläufig. Könnte es also cleverer sein, in eine solche Handtasche zu investieren als in Gold oder Aktien?

"Designer-Handtaschen sind auf jeden Fall ein sehr starkes Investment",

Valeria Schneider

erklärt mir die Expertin. "Ich habe vor genau zehn Jahren das Unternehmen Luxussachen gegründet. Wenn man jetzt die Entwicklung in dieser Zeit beobachtet, dann ist das quasi eine sichere Sache. Zwar haben auch andere Bereiche bei ihrem Preis zugelegt, aber es ging nicht wie bei Aktien die Kurve mal hoch und mal runter. Bei den Taschen ist es immer stabil nach oben gegangen." Da kommen bei mir doch direkt die schlechten Erinnerungen an meinen Börseneinstieg Anfang des Jahres 2020 in den Sinn – es war ein wilder Ritt, in dem ich in der letzten Ausgabe "Cash is Queen" ausgiebig sprach. 

Spitzenreiter! Diese Tasche unterliegen einer starken Preissteigerung

Aber zurück zu unseren Handtaschen: Um das modische Investment verständlicher zu machen, verweist Valeria auf eine französische Luxusmarke: 

"Ich kann mich noch ganz genau an die Preise erinnern. Damals lag dieser für einen kleinen Klassiker von Chanel ungefähr bei 5.000 Euro – das kam einem extrem hoch vor. Jetzt liegen diese Taschen fast bei 10.000 Euro. Ich glaube, so eine extreme Steigerung hat keine andere Branche hingelegt."

Valeria Schneider

Und tatsächlich: Im März 2022 stieg der Preis der Classic Flap Bag von Chanel um 6 Prozent, im August 2022 folgte eine Erhöhung von 9 Prozent und im vergangenen März dieses Jahres eine weitere Steigerung des Preises auf 9.700 Euro. Damit schlägt der Chanel-Klassiker sogar die einst unangefochten teuerste Handtasche von ihrem Thron: die Birkin Bag von Hermès.

Eine Handtasche als Investment? Das sagt die Expertin

Ich bin ganz ehrlich: Nach diesen Aussagen fühle ich mich in meinem Handtaschen-Hedonismus und meiner Strategie nochmals bestätigt. Mir kommt eine Idee in den Sinn: Wie clever wäre es, wenn ich mein Erspartes zusammennehme und mir direkt mehrere Chanel Taschen oder Birkin Bags in Schrank stelle? Die Expertin bremst mich aus: "Ich bin keine Bankerin. Ich würde vielleicht einen Mittelweg finden. So ist dieses Investment vielleicht auch nicht gedacht. Zum einen braucht es Platz und zum anderen habe ich möglicherweise das falsche Modell gekauft. In drei Jahren ist es plötzlich nicht gefragt und dann muss man die nächsten zehn oder zwanzig Jahre wieder warten, bis es wieder angesagt ist und ich es verkaufen kann." 

Außerdem das Totschlagargument: "Die Preise sind sehr hoch und du kriegst eine Tasche von Hermès auch nicht einfach so", weiß die Unternehmerin.

Investieren in die Birkin Bag von Hermès? Einfach unmöglich! 

Ich muss es einfach wissen! Welche Designer-Tasche wäre wohl die cleverste Investition? Valerias Antwort liegt für Kenner auf der Hand: "Im Moment ist es kein Geheimnis, dass die Marken Chanel und Hermès sehr begehrt sind und diese Begehrtheit seit Jahren stabil ist. Ob man sich eine solche Tasche anschafft, ist natürlich auch eine Preisfrage."

Wie jetzt? Selbst wenn ich will und 10.000 Euro zusammenkratze? Die Luxussachen-Gründerin verrät, was dahinter steckt: "Es ist nicht so, dass man denkt: 'Okay, ich habe jetzt 10.000 Euro übrig und möchte jetzt ein Investment machen, das mir auch Freude bereitet und deshalb kaufe ich jetzt eine Birkin Bag.'Du kannst nicht zu Hermès gehen und diese Tasche holen. Es ist schon problematisch, den Status zu bekommen, die Tasche überhaupt bestellen zu dürfen. Einen Termin zu bekommen, ist schon nicht möglich." 

Eingefleischten Fans von "Sex and the City" könnte nun Licht aufgeben. Auch die renommierte Marketing-Expertin Samantha Jones versuchte einst, eine dieser begehrten Taschen zu ergattert und musste hierfür zu unlauteren Mitteln greifen. Valeria Schneider teilt mit uns noch ein weiteres Beispiel, das ernüchternd ist:

"Anfang dieses Jahres war es so, dass man die Bestellungen, die vor zwei Jahren getätigt worden, einfach alle stornierte. Und dann hast du am Ende halt zwei Jahre umsonst auf die Tasche gewartet – also es ist auch ein schwieriges Investment",

Valeria Schneider

Es kann funktionieren: Was man dafür machen muss!

Der Plan, mit einer Luxus-Handtasche im Schrank eine außerordentliche Rendite zu machen, scheint mir immer weniger gewiss. Nichtsdestotrotz: Cleverer als der Kauf von aktuellen Trendteilen und selbst zeitlosen Kleidungsstücken von Fast-Fashion-Konzernen sei der Kauf einer Designertasche allemal, erklärt Valeria: "Wenn du bei Fast-Fashion-Konzernen einen Mantel für 100 Euro kaufst, dann ist dieser in zwei Jahren nichts mehr wert – bei einer Designer-Tasche ist es anders. Vielleicht kauft dir den Mantel noch jemand auf einem Flohmarkt für 20 Euro ab. Falls du die Tasche verkaufen musst, verlierst du nicht so viel Geld wie bei anderen Kleidungsstücken und Accessoires." 

Und es kann sogar noch besser laufen, weiß die Expertin: 

Im besten Fall, wenn ich ganz viel Glück habe, hat die Luxusmarke sogar noch die Preise extrem angehoben und dann habe ich viel Freude mit meinem Investment gehabt und kann es später ohne Verlust verkaufen."

Valeria Schneider

Ich bleibe meinem Prinzip treu

Aus eigener Erfahrung kann ich sagen: Für mich als Modeliebhaberin funktioniert dieses Prinzip aktuell. Meine Leidenschaft für hochwertige Handtaschen will ich außerdem nicht aufgeben. Das Kaufen und Verkaufen verschiedener Designer-Taschen hat sich für mich als Methode etabliert, mit der ich mir iimmer wieder eine neue Anschaffung ermöglichen kann. Um mit den neuesten Trends zu gehen und mein Repertoire endlos zu erweitern, müsste ich aber wohl doch noch einmal umschulen. 

Ich bleibe deshalb vorerst meiner Strategie treu, kaufe die Handtasche, die mir gefällt und verkaufe sie, sobald eine andere mein Interesse weckt. Mein persönliches Fazit lautet nämlich: Unter den Umständen, dass ich die Tasche ohne große Verluste wieder verkaufen könnte – sollte sie mir nicht mehr gefallen oder ich das Geld benötigen –, gönne ich mir den Luxus einer Designer-Tasche.

Verwendete Quellen: luxussachen.com, saclab.com, Interview