Immer nur Fat Shaming? Ich bin dünn und habe die Nase voll davon, Opfer von Skinny Shaming zu sein

Wieso ist eigentlich immer nur die Rede von Fat Shaming und kaum vom Gegenteil: Skinny Shaming? Deswegen habe ich genug davon, ständig auf meine schmale Figur angesprochen zu werden.

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Eine Pizza zu verdrücken, ohne dass vorher daran gezweifelt wird, nur weil ich schlank bin? Das wäre ein Traum!

Seitdem ich denken kann, war meine Figur und meine Silhouette immer schon ein Thema bei Verwandten, Fremden und Co. "Bekommst du zu Hause denn genug zu essen?" oder "Oh, du bist so dünn. Nicht, dass du mir wegfliegst", sind nur einige der Kommentare, die ich mir schon immer anhören musste. Als Kind war mir gar nicht so bewusst, dass es sich hierbei um ganz schön harte Worte handelt. Immerhin ist jeder in meiner Familie lang, schlank und hat einen schnellen Stoffwechsel. Je älter ich wurde, umso häufiger wurden diese Bemerkungen. Und das hat mich vor einiger Zeit ins Grübeln gebracht.

Würde jemand solche Anmerkungen öffentlich gegenüber jemand Übergewichtiges machen, würde es direkt als frech und unangebracht klassifiziert werden, was auch richtig ist. Doch sobald sich jemand über eine schlanke Figur lustig macht, wird es direkt als Witz wahrgenommen und jeder findet es nötig, darüber zu lachen. Wie kann es sein, dass Fat Shaming die richtige Art von Backlash bekommt, Skinny Shaming auf der anderen Seite in der heutigen Gesellschaft allerdings so gut wie gar nicht ernst genommen wird?

Muss ich mich dafür schlecht fühlen, dass ich zu dünn bin?

Erst letzte Woche habe ich mir einen Döner bestellt und musste mir von einem Anwesenden am Tisch die von ihm ironisch gemeinte Frage: "Schaffst du das wirklich?" anhören. Der People Pleaser und die harmoniebedürftige Waage in mir entscheidet sich in solchen Momenten immer gegen eine Diskussion, auch wenn ich eigentlich weiß, dass solche Menschen mal wissen sollten, was sie mit solchen Sätzen anrichten können. Natürlich schaffe ich es, einen Döner aufzuessen. Auch wenn ich mich absolut wohl und gesund in meinem Körper fühle, sorgen solche Kommentare dafür, dass sich ab und zu doch etwas an meinem Selbstwertgefühl ändert – und wenn ich ehrlich bin, finde ich das absolut schrecklich.

Ich entscheide mich dann doch lieber für ein langärmeliges Oberteil, einen oversized Hoodie oder baggy Cargo-Hosen und warum? Nur, weil jemand es nötig gefunden hat, einen blöden Satz über mein Aussehen zu machen und dieser mich an einem Tag getroffen hat, an dem ich mir genau das zu Herzen genommen habe. Die Person selbst erinnert sich wahrscheinlich selbst nicht mal daran, dass sie überhaupt etwas Fragwürdiges gesagt hat. Muss ich mich jetzt wegen der Schuld eines anderen schlecht dafür fühlen, dass ich "zu dünn" bin, obwohl nichts mit mir falsch ist und es auch gesundheitlich überhaupt gar kein Problem ist?

Mein Fazit

Die Antwort lautet natürlich nein, das weiß ich. Body Shaming ist nicht lustig und sollte vor allem in der heutigen Gesellschaft keinen Platz haben. Viele finden es absolut absurd, wenn man sich auf Social Media oder privat darüber lustig macht, dass jemand zu dick oder übergewichtig ist. Sich aber ironisch darüber zu äußern, dass jemand zu dünn ist, finden die meisten gar nicht schlimm – bis auf die Person, die es sich ständig anhören muss.

So sehr mir bewusst ist, dass ich solche Kommentare ignorieren sollte, würde ich lügen, wenn ich sage, dass es mir jedes Mal zu 100 Prozent gelingt. Es ist ein richtiger Prozess und hat auch viel mit Selbstliebe zu tun. Tägliche Reminder und das Auseinandersetzen mit meinen eigenen Gedanken haben hierbei absolute Prio. Und ich bin froh, dass ich mittlerweile mein Mindset ein Stück verändern konnte, sodass es mir leichter fällt, mich aus negativen Gedanken herauszureißen, sobald sie in meinem Gehirn herumkreisen. Natürlich habe ich die Kunst des "Egalseins" nicht komplett gemeistert, sehe aber schon einen großen Unterschied zu früher.

Auch wenn die Gesellschaft sicherlich noch eine Weile brauchen wird, um zu verstehen, dass die Body-Shaming-Münze zwei Seiten hat, verlasse ich mich nicht auf den Wandel der Zeit und warte nicht darauf, bis Menschen sich in meinem Umfeld verändern – auch wenn man sie darauf aufmerksam macht. Vielmehr fokussiere ich mich in der Zwischenzeit auf meinen eigenen Mindset und auf das Thema Selbstliebe, denn nur so kann ich zumindest selbstbewusster und stressfreier mein Leben genießen – trotz Idioten, die einem den Tag vermiesen können.

Verwendete Quellen: GRAZIA Redaktion